Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hebt das Landesarbeitsgericht auf Beschwerde hin eine Entscheidung des Arbeitsgerichts auf und verweist es den Rechtsstreit an dieses zurück, ist das Arbeitsgericht an die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts gebunden.

2. Das Arbeitsgericht darf vom Landesarbeitsgericht für maßgeblich angesehene Gesichtspunkte nicht für unerheblich erklären. Es hat sie vielmehr ohne Kritik bei seiner erneuten Entscheidung heranzuziehen.

 

Normenkette

ZPO § 575

 

Verfahrensgang

ArbG Bamberg (Beschluss vom 16.11.1993; Aktenzeichen 3 Ca 854/93))

 

Tenor

1. Der Beschluß des Arbeitsgerichts Bamberg vom 16.11.1993 – 3 Ca 854/93 – wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Aussetzungsantrag der Beklagten an das Arbeitsgericht Bamberg zurückverwiesen.

3. Bis zur erneuten Entscheidung des Arbeitsgerichts bleibt der Rechtsstreit einstweilen ausgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten im Beschwerdeverfahren darüber, ob der zwischen ihnen anhängige Forderungsrechtsstreit 3 Ca 854/93 des Arbeitsgerichts Bamberg im Hinblick auf einen beim Landesarbeitsgericht anhängigen vorgreiflichen Bestandsstreit (Verfahren 4 Sa 861/93) ausgesetzt werden soll.

In diesem Bestandsstreit streiten die Parteien darüber, ob zwischen ihnen das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Das Arbeitsgericht hat mit Versäumnisurteil vom 09.03.1993 (3 Ca 1031/92) festgestellt, daß zwischen den Parteien das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Zugleich hat es die Beklagte verurteilt, den Kläger ab sofort weiterzubeschäftigen. Den hiergegen eingelegten Einspruch hat es durch 2. Versäumnisurteil vom 15.06.1993 verworfen. Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt (Verfahren 4 Sa 861/93). In diesem Verfahren wurde am 12.10.1993 Termin auf den 23.02.1994 bestimmt.

Im Verfahren 3 Ca 854/93 hat der Kläger für die Zeit vom 15.09.1992 bis einschließlich September 1993 insgesamt DM 42.479,25 brutto nebst Zinsen hieraus geltend gemacht. Ab Oktober 1993 hat der Kläger die Arbeit wieder bei der Beklagten aufgenommen.

Die Beklagte hat im Hinblick auf den Bestandsstreit beantragt, den Forderungsrechtsstreit auszusetzen.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluß vom 12.10.1993 den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die Aussetzung hiesigen Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit der Entscheidung im Rechtsstreit 3 Ca 1031/92 bzw. 4 Sa 861/93 liegt nach § 148 ZPO im Ermessen des Gerichts. Wegen der in § 61 a ArbGG normierten besonderen Prozeßförderungspflicht bei Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, ist das Gericht der Ansicht, daß bei Vorliegen eines (wenn auch noch nicht rechtskräftigen) erstinstanzlichen Urteils, welches den Fortbestand es Arbeitsverhältnisses feststellt, das dem Gericht eingeräumte Ermessen bei der Entscheidung über die Aussetzung eines Rechtsstreits, der Vergütungsansprüche, die vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhängig sind, zum Gegenstand hat, dahingehend auszuüben ist, daß der Rechtsstreit über die Vergütungsansprüche nicht auszusetzen ist. Die besondere Prozeßförderungspflicht nach § 61 a ArbGG bezweckt nämlich u. a. auch die materielle Absicherung des Arbeitnehmers für die Zeit des (noch) bestrittenen Fortbestands.

Auf die Beschwerde der Beklagten hin hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts mit Beschluß vom 02.11.1993 den Beschluß des Arbeitsgerichts vom 12.10.1993 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Aussetzungsantrag an das Arbeitsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt:

Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf abgestellt, daß die Entscheidung, ob ein Verfahren wegen Vorgreiflichkeit gemäß § 148 ZPO ausgesetzt wird, im Ermessen des Gerichts liegt. Das über die Aussetzung befindende Gericht hat mit Rücksicht auf die Rechtsnatur einer Ermessensentscheidung das pflichtgemäße Ermessen in jedem Einzelfall unter Abwägung der Vor- und Nachteile einer Aussetzung auszuüben (vgl. LAG München. Beschluß vom 22.02.1989, MDR 89, 673; Vossen, Fortführung oder Aussetzung des Vergütungsprozesses. RdA 1989, 96 ff; Grunsky, ArbGG, 5. Aufl. § 46 Rdnr. 32 b). Kriterien für die pflichtgemäße – nicht freie – Ausübung des Ermessens können neben dem Beschleunigungsgrundsatz in § 61 a Abs. 1 ArbGG aber u. a. auch prozeßökonomische Gesichtspunkte, der Ausgang des Kündigungsverfahrens, die Aussicht auf baldigen Abschluß des vorgreiflichen Verfahrens, eine etwaige mögliche Prognose des mutmaßlichen Ergebnisses im vorgreiflichen Verfahren, die Höhe des geltend gemachten Anspruchs und die Bedeutung des Leistungsprozesses für die Sicherung des Lebensunterhaltes des Arbeitnehmers sowie die wirtschaftliche Situation des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers ein (vgl. LAG Frankfurt am Main, Beschluß vom 04.09.1987, 13 Ta 267/87; Grunsky, a.a.O.; Vossen, a.a.O.). Nicht zu beanstanden ist wenn das Gericht im Zweifel dem Gesichtspunkt des Beschleunigungsgrundsatze...

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