Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. fiktive Terminsgebühr. Untätigkeitsklage. Erledigungserklärung nach Erlass eines Abhilfebescheids. kein angenommenes Anerkenntnis

 

Leitsatz (amtlich)

Der Erlass eines Abhilfebescheides ist kein Anerkenntnis. Endet der Rechtsstreit deshalb nach Erlass eines Abhilfebescheides durch Erledigungserklärung steht dies einem Ende des Verfahrens nach Anmerkung 3 zu Nr 3106 VV RVG (juris: RVG-VV) (angenommenes Anerkenntnis) nicht gleich. Es fällt keine fiktive Terminsgebühr an.

 

Tenor

Die Beschwerde des Erinnerungsführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 25.10.2018 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde begehrt der Erinnerungsführer die Festsetzung einer (fiktiven) Terminsgebühr nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) für seine Tätigkeit als beigeordneter Rechtsanwalt in dem Hauptsacheverfahren S 6 AS 1045/17 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) im Rahmen der Prozesskostenhilfe (PKH).

In dem zu Grunde liegenden Ausgangsverfahren hatte das beklagte Jobcenter den Widerspruch der Klägerin gegen den Änderungsbescheid vom 26.11.2016 (betreffend die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - im Zeitraum von Januar bis Mai 2017) mit Widerspruchsbescheid vom 01.03.2017 als unzulässig verworfen. Dagegen richtete sich die am 07.04.2017 beim SG erhobene Klage, mit der die Klägerin die „sachliche Bescheidung“ ihres Widerspruchs unter Aufhebung des ergangenen Widerspruchsbescheids begehrte. Mit Beschluss vom 22.08.2017 bewilligte das SG der Klägerin PKH unter Beiordnung des Erinnerungsführers. Ende November 2017 teilte der Beklagte dem Gericht mit, dass „eine Entscheidung in der Sache getroffen“ worden sei und übersandte eine Mehrfertigung des dem Erinnerungsführer übersandten Widerspruchsbescheids vom 27.11.2017 mit dem Bemerken, dass damit „die Untätigkeitsklage“ erledigt sein dürfte. Mit Schriftsatz von Mitte Dezember 2017 erklärte der Erinnerungsführer „nach erfolgter Bescheidung“ den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der Beklagte erklärte sodann, die außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu übernehmen.

Der Erinnerungsführer beantragte die Festsetzung seiner Vergütung aus der Staatskasse i.H.v. insgesamt 702,10 €, wobei er neben einer Verfahrensgebühr (300,00 €), einer Auslagenpauschale (20,00 €) und Umsatzsteuer (112,10 €) eine (fiktive) Terminsgebühr (270,00 €) geltend machte. Vorliegend sei „rechtlich“ streitig gewesen, ob ein Anspruch auf sachliche Bescheidung durch den Beklagten bestanden habe. Mit dem Erlass einer Sachentscheidung sei das Anerkenntnis verbunden gewesen, dass die bisherige Entscheidung fehlerhaft gewesen sei. Anders als bei der Untätigkeitsklage habe eine „ganz normale Klage“ vorgelegen, weswegen die fiktive Terminsgebühr angefallen sei.

Mit „Kostenfestsetzungsbeschluss“ vom 15.06.2018 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) des SG die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wie folgt fest:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG

300,00 €

Pauschale Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Zwischensumme

320,00 €

19 % USt. Nr. 7008 VV RVG

60,80 €

zusammen

380,80 €

Eine (fiktive) Terminsgebühr sei nicht angefallen, weil in dem Erlass des angestrebten Bescheids im Rahmen der Untätigkeitsklage kein Anerkenntnis zu sehen sei.

Mit seiner Erinnerung vom 02.07.2018 hat der Erinnerungsführer sein Begehren auf Vergütung der beantragten Terminsgebühr weiterverfolgt. Eine Untätigkeitsklage habe nicht vorgelegen. Im Übrigen stelle die vollständige Erfüllung des Klagebegehrens ein Anerkenntnis dar.

Das SG hat die Erinnerung mit Beschluss vom 25.10.2018 zurückgewiesen. Entgegen der Auffassung des Erinnerungsführers sei die Erledigung des Rechtsstreits nicht durch Annahme eines Anerkenntnisses i.S.d. Anm. Nr. 3 zu Nr. 3106 VV RVG bzw. des § 101 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingetreten, sodass eine (fiktive) Terminsgebühr nicht zu vergüten sei. Der Beklagte habe den geltend gemachten Anspruch vielmehr inhaltlich erfüllt; die anschließende Erledigungserklärung des Erinnerungsführers sei keine Annahme eines Anerkenntnisses. Soweit in der Rechtsprechung eine erweiternde Auslegung der Anm. Nr. 3 zu Nr. 3106 VV RVG vertreten werde, könne dem nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber habe ausdrücklich nur bestimmte Arten der Erledigung (angenommenes Anerkenntnis, schriftlicher Vergleich) als gebührenauslösend normiert und eine Erweiterung - namentlich durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl. I S. 2586) - gerade nicht vorgenommen. Von einem gesetzgeberischen Versehen könne daher nicht gesprochen werden.

Der Erinnerungsführer hat gegen den ihm am 02.11.2018 zugestellten Beschluss am 16.11.2018 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen angeführt, da...

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