Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Sonderbedarfszulassung zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen

 

Leitsatz (amtlich)

Eine approbierte Psychologische Psychotherapeutin kann zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung beschränkt auf Psychotherapie für Kinder und Jugendliche zugelassen werden, wenn ein entsprechender Sonderbedarf für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen besteht und die Psychologische Psychotherapeutin die Anforderungen der §§ 5-7 Psychotherapievereinbarung (juris: BMV-Ä Anl 1) für den entsprechenden Fachkundenachweis erfüllt.

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.6.2010 wird aufgehoben. Die sofortige Vollziehung des Beschlusses/Bescheids des Antragsgegners vom 5.8.2009 über die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung an die Antragstellerin zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung, beschränkt auf verhaltenstherapeutische Behandlungsleistungen für Kinder und Jugendliche am Vertragspsychotherapeutensitz N. (N.), wird angeordnet.

Die Beigeladene Nr. 1 trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Nr. 2 bis 6.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 72.823 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der sofortigen Vollziehung ihrer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Psychologische Psychotherapeutin zur ausschließlichen Behandlung von Kindern und Jugendlichen (Vertragspsychotherapeutensitz N., N., Planungsbereich Landkreis E., im Folgenden nur: Planungsbereich).

Der 1971 geborenen Antragstellerin wurde nach erfolgreichem Abschluss des Psychologiestudiums der akademische Grad einer Diplom-Psychologin zuerkannt (Urkunde der Fakultät für Informations- und Kognitionswissenschaften der Universität T. vom 5.11.2002). Das Regierungspräsidium St. erteilte ihr am 22.10.2007 die Approbation als Psychologische Psychotherapeutin. Sie verfügt über die Fachkunde im Richtlinien-Verfahren der Verhaltenstherapie für Erwachsene, Kinder und Jugendliche. Am 13.11.2007 wurde die Antragstellerin in das Arztregister der Beigeladenen Nr. 1 eingetragen.

Am 22.4.2008 beantragte die Antragstellerin beim Zulassungsausschuss für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, Regierungsbezirk St., (ZA) die Zulassung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin im Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie mit einem vollen Versorgungsauftrag wegen qualitätsbezogenen Sonderbedarfs. Zur Begründung gab sie an, im Planungsbereich bestünden unverhältnismäßig lange Wartezeiten von sechs bis neun Monaten für Kinder und Jugendliche. In ihrer Privatpraxis gingen wöchentlich bis zu zehn Anfragen von Kassenpatienten für eine kinder- und jugendlichenpsychotherapeutische Behandlung ein; die Krankenkassen erteilten allerdings nur in seltenen Fällen eine Kostenzusage.

Im Planungsbereich sind für die Arztgruppe der Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen angeordnet (vgl. Beschluss des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen Baden-Württemberg vom 25.6.2008, - Versorgungsgrad 143,8 % -, Beschlüsse vom 18.2.2009 bzw. 17.6.2009 - Versorgungsgrad 143,7 %; Verwaltungsakte S. 57,58, 247).

Der ZA führte eine Bedarfsprüfung durch; er befragte die Krankenkassenverbände und die im Planungsbereich niedergelassenen Psychotherapeuten. Der Beigeladene Nr. 6 (VD.) teilte unter dem 1.9.2008 mit, angesichts der Nähe zur Stadt St. sehe man keinen Sonderbedarf für die von der Antragstellerin angebotenen Behandlungsleistungen. Der Beigeladene Nr. 3 (B. Landesverband) befürwortete die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung; das Ausweichen auf Therapeuten (etwa) in St. sei nur schwer möglich, da auch dort lange Wartezeiten bestünden (Schreiben vom 6.10.2008). Die Ergebnisse der Befragung der niedergelassenen Psychotherapeuten sind in einer Übersicht - Verwaltungsakte S. 46 - zusammengefasst.

Mit Bescheid/Beschluss vom 15.10.2008 lehnte der ZA den Zulassungsantrag der Antragstellerin ab. Zur Begründung führte er aus, wegen entsprechender Zulassungsbeschränkungen im Planungsbereich komme nur eine Sonderbedarfszulassung gem. § 24 Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte (BedarfsPlRL) in Frage. Die dafür notwendigen Voraussetzungen seien aber nicht erfüllt. Im Planungsbereich seien insgesamt 16 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und vier Psychologische Psychotherapeuten mit Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zugelassen. Darüber hinaus verfügten sieben weitere Psychologische Psychotherapeuten über die Genehmigung zur Durchführung von Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen. Die Befragung der Psychotherapeuten mit einer solchen Genehmigung habe ergeben, dass jedenfalls eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin noch Aufnahmekapazitäten habe und abgesehen von unflexiblen Zeitwünschen der Patienten keine Wartezeiten bestünden. Eine weitere psychotherapeutische Praxis habe Wartezeiten von ...

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