Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. sachliche Zuständigkeit des Leistungsträgers. Aufhebung der Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung. einstweiliger Rechtsschutz. Erstattung von Arbeitslosengeld II. aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage
Leitsatz (amtlich)
1. Bewilligt der hierfür sachlich zuständige kommunale Träger Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, kann bei Fortdauer der sachlichen Zuständigkeit nicht die Agentur für Arbeit die diese Bewilligung mit einschließende Bewilligung von Arbeitslosengeld II aufheben.
2. Widerspruch und Anfechtungsklage wegen der Erstattung von Arbeitslosengeld II haben nach der Grundregel des § 86a Abs 1 SGG aufschiebende Wirkung; § 39 Nr 1 SGB II findet insoweit keine Anwendung.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. März 2006 abgeändert und der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abgelehnt, soweit im Bescheid vom 24. Oktober 2005 die Bewilligung der Regelleistung und des Sozialgeldes für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 30. September 2005 aufgehoben worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. März 2006 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beschluss des Sozialgerichts wie folgt neu gefasst wird:
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsstellerin wegen der die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 30. September 2005 betreffenden Aufhebung der Bewilligung von Leistungen der Unterkunft und Heizung im Bescheid vom 24. Oktober 2005 wird angeordnet.
Es wird festgestellt, dass der Widerspruch der Antragstellerin wegen der im Bescheid vom 24. Oktober 2005 verfügten Erstattung von Arbeitslosengeld II in Höhe von 2464,06 € aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für beide Instanzen zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist sachlich nicht begründet.
Ausgangspunkt des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes ist der Bescheid der Agentur für Arbeit (AA) K. vom 24. Oktober 2005. Darin hat die AA die Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit ab 1. Juli 2005 teilweise, nach der Bescheidbegründung für die nachfolgenden Monate August und September jedoch ganz aufgehoben und überzahltes Alg II in Höhe von 2464,06 € zur Erstattung gefordert. Die auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X)gestützte Aufhebung bezog sich auf die mit Bescheid vom 11. Mai 2005 der AA für die Zeit vom 27. April bis 31. Oktober 2005 verfügte Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Regelleistung und Sozialgeld) in Höhe von 358,35 € ab Mai 2005 für die Antragstellerin und deren am 3. Februar 2005 geborene, dem Haushalt der Antragstellerin angehörende und deshalb zur Bedarfsgemeinschaft (vgl. § 7 Abs. 3 Nr. 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch ≪SGB II≫) zählende Tochter M.. Mit Bescheid vom gleichen Tage hatte das Landratsamt K. für den Landkreis K. der Antragstellerin außerdem für die Zeit vom 27. April bis 31. Oktober 2005 Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 471,98 € ab Mai 2005 bewilligt. Gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid hat die Antragstellerin einen zulässigen, sich gegen Aufhebung und Erstattung richtenden Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist. Statt dessen hat die Antragsgegnerin während des Vorverfahrens Vorkehrungen zur Vollstreckung der Erstattungsforderung getroffen und dabei die Auffassung vertreten, dass der Widerspruch wegen der Erstattungsforderung nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung habe, weshalb die Antragstellerin am 17. Februar 2006 vor dem Sozialgericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht hat.
Zutreffend hat das Sozialgericht das Begehren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen der Erstattung dahin verstanden, dass die Antragstellerin insoweit die Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs anstrebt (zu dieser Feststellung vgl. Senatsbeschluss vom 2. Juli 2004 - L 13 RJ 2467/04 ER-B -). Denn der deswegen eingelegte Widerspruch hat, wie noch zu zeigen ist, nach § 86 a Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) aufschiebende Wirkung, weil entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin § 39 Nr. 1 SGB II insoweit nicht anwendbar ist. Daneben geht es der Antragstellerin aber auch darum, dass die nach § 39 Nr. 1 SGB II entfallene aufschiebende Wirkung wegen der Aufhebung der Leistungsbewilligung angeordnet wird (vgl. § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG; Senatsbeschluss vom 25. August 2003 - L 13 AL 2374/03 ER -, abgedruckt in Juris). Da nach dem über § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II anwendbaren § 50 Abs. 1 SGB X die Aufhebung der Leistungsbewilligung ohne weiteres die Erstattung begründet und § 40 Abs. 2 SGB II lediglich den Erstattungsumfang in Bezug auf bestimmte Kosten der Unterkunft begrenzt, bei der Aufhebung aber die wesentlichen verwal...