Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe. Hauptsacheverfahren. Nichterreichen des Wertes des Beschwerdegegenstandes. keine Änderung der Rechtslage in Anbetracht der Änderung des § 172 Abs 3 Nr 1 SGG durch das SGB4ÄndG 3 vom 5.8.2010. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB 2
Leitsatz (amtlich)
1. Mit der Neufassung des § 172 Abs 3 Nr 1 SGG durch das 3. SGB IV uaÄndG (juris: SGB4ÄndG 3) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass der Beschwerdeausschluss wegen Nichtüberschreitens der Beschwerdewertgrenze nur für Entscheidungen über einen Prozesskostenhilfeantrag im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes, nicht dagegen für solche in einem Klageverfahren gelten soll.
2. Für die Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB 2 besteht kein Raum mehr, wenn der Mietvertrag über die neue Wohnung bereits abgeschlossen ist oder der Bewilligungsbescheid über Leistungen für Unterkunft und Heizung für diese Wohnung schon ergangen ist. Einer darauf gerichteten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis.
Tenor
Die Beschwerden der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 1. September 2010 werden zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden sind nach § 172 SGG (in der Fassung durch Art. 6 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 5. August 2010 - 3. SGB IV uaÄndG - (BGBl. I S. 1127) statthaft. Die Beschwerdeausschlussgründe des § 172 Abs. 3 SGG greifen nicht ein. Insbesondere ist die Verfahrensnorm der Nr. 2 a.a.O. nicht anwendbar; das Sozialgericht Karlsruhe (SG) hat die Ablehnung der Prozesskostenhilfe (PKH) nicht auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger, sondern auf die fehlende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung gestützt.
Die Beschwerden sind auch sonst statthaft. Dabei kann dahinstehen, ob in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre, was etwa dann der Fall wäre, wenn hinsichtlich der dort erstrebten Zusicherung die die Berufung beschränkenden Verfahrensregelungen des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGG entweder überhaupt nicht anwendbar wären (a.A. wohl Landessozialgericht ≪LSG≫ Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18. März 2010 - L 5 AS 93/10 B ER, L 5 AS 101/10 B - ≪juris≫; offengelassen im Senatsurteil vom 16. Dezember 2010 - L 7 AS 6055/09 - ≪juris≫) oder aber der Streit um laufende Leistungen für mehr als ein Jahr ginge (vgl. hierzu nochmals Senatsurteil vom 16. Dezember 2010 a.a.O. einerseits; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18. März 2010 andererseits). Denn unabhängig davon ist die vorliegende Beschwerde zulässig. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. nur Beschluss vom 6. Mai 2010 - L 7 AS 5876/09 B - ≪juris; m.w.N.≫; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Auflage, § 73a Rdnr. 12b) bereits vor der mit Wirkung vom 11. August 2010 durch das 3. SGB IV uaÄndG in Kraft gesetzten Ergänzung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG um einen 2. Halbsatz entschieden, dass die sinngemäß auf § 144 SGG rekurrierende Vorschrift des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG auf Beschwerden gegen den die PKH für ein Klageverfahren ablehnenden Beschluss ebenso wenig entsprechend anwendbar ist wie die Verfahrensregelungen des § 127 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 511 der Zivilprozessordnung (ZPO). Nunmehr bestimmt § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbs. 2 SGG in der Fassung des 3. SGB IV uaÄndG, dass die Beschwerde gegen Entscheidungen über einen PKH-Antrag im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes - ebenso wie diejenige gegen Entscheidungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes selbst (vgl. Halbs. 1 a.a.O.) - ausgeschlossen ist, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Zu dieser Änderung sah sich der Gesetzgeber veranlasst (vgl. BT-Drucks. 17/1684 S. 16 f.≪zu Art. 6≫), nachdem in Rechtsprechung und Literatur umstritten war, ob in den Fällen eines Ausschlusses der Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes auch das Rechtsmittel gegen die Ablehnung eines Antrags auf PKH ausgeschlossen war; nach dem Willen des Gesetzgebers soll mit der Verfahrensbestimmung verhindert werden, dass gegen die Ablehnung eines Antrags auf PKH in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes weitergehende Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen als in den einstweiligen Rechtsschutzverfahren selbst (vgl. zu diesem Gesichtspunkt schon Senatsbeschlüsse vom 29. Juli 2008 - L 7 SO 3120/08 PKH-B - ≪juris≫ und vom 17. November 2008 - L 7 AS 2588/08 PKH-B - NZS 2009, 349 sowie ferner Senatsbeschluss vom 6. Mai 2010 a.a.O. ≪die beiden letztgenannten Entscheidungen auch zum Meinungsstand≫). Demgegenüber ist die Anregung des Bundesrats (vgl. BR-Drucksache 152/10 ≪Beschluss≫ S. 5 Nr. 9), den Ausschluss der Beschwerde zur Vorbeugung von...