Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Nachweis der Hilfebedürftigkeit. Mitwirkungspflicht nach § 60 SGB 1. Vorlage von Kontoauszügen. Schwärzung personenbezogener Daten. Sozialdatenschutz. Beschränkung auf die Ausgabenseite. Beschränkung auf Überweisungen an Dritte. Verschleierung von Überweisungen auf weitere eigene Konten. Offenlegung aller geschwärzten Passagen
Leitsatz (amtlich)
1. Der Hilfeempfänger darf bei im Antragsverfahren vorgelegten Kontoauszügen grundsätzlich Empfänger und Verwendungszweck bei Ausgaben (Überweisungen) schwärzen (Anschluss an BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 45/07 R = BSGE 101, 260 = SozR 4-1200 § 60 Nr 2 und vom 19.2.2009 - B 4 AS 10/08 R = ZFSH/SGB 2009, 282). Das gilt allerdings nur für Überweisungen an Dritte und nicht für Überweisungen auf weitere eigene Konten des Hilfeempfängers.
2. Wurde die Möglichkeit des Schwärzens von Empfängerdaten in Kontoauszügen vom Hilfeempfänger dazu genutzt, die Existenz eines weiteren, bislang nicht angegebenen, Kontos zu verschleiern, kann eine Offenlegung aller geschwärzten Passagen gefordert werden.
Orientierungssatz
Von vornherein nicht vom Schutzbereich des § 67 Abs 12 SGB 10 iVm § 67a Abs 1 S 2 SGB 10 umfasst, welcher sich auf das Ausgabeverhalten beschränkt, nicht aber auch auf die Einnahmeseite (vgl BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 45/07 R aaO und vom 19.2.2009 - B 4 AS 10/08 R aaO), sind Angaben zur Herkunft von Einzahlungen auf das Konto des Leistungsberechtigten. Auch für die Schwärzung von Absenderdaten und/oder Angaben zum Verwendungszweck von Gutschriften kann sich der Leistungsberechtigte nicht auf die genannte BSG-Rechtsprechung berufen.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung im Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 10.06.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) auf seinen Antrag vom 30.01.2014.
Der Antragsteller bezog im Zeitraum von November 2008 bis Juli 2010 gemeinsam mit seiner Ehefrau vom Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II, trennte sich dann von seiner Ehefrau und schied aus der Bedarfsgemeinschaft aus. Zu dieser Zeit war er zur Hälfte Miteigentümer eines von der Ehefrau und ihren Kindern bewohnten Hausgrundstücks in B.
Der Antragsteller war danach selbständig tätig. Er gab seine selbständige Tätigkeit im Tee-Einzelhandel ausweislich der Gewerbe-Abmeldung der Stadt S. vom 14.11.2013 zum 15.11.2013 auf.
Am 30.01.2014 beantragte der Antragsteller bei dem Antragsgegner die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. In dem Antrag fehlte die Angabe, ob weitere Personen zur Bedarfsgemeinschaft gehören bzw. ob weitere Personen, die nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören, im Haushalt des Antragstellers wohnen.
Beigefügt war eine Anlage KdU und die Kopie eines Mietvertrages vom 14.01.2013. Hiernach beträgt die Grundmiete für die 49qm große Wohnung (Wohnflächenanteil 30qm) mit Gasheizung, die der Antragsteller bewohnt, 300,00 Euro zuzüglich monatlicher Betriebskostenpauschale von 50,00 € und Heizkosten von 32,00 € monatlich (Gas-Abschlagszahlungen). Der Stromabschlag des Klägers beträgt 30,00 €.
Seit März 2014 geht der Antragsteller einer Erwerbstätigkeit bei einem Subunternehmer des Logistikunternehmens G. nach. Nach seinen Angaben im Schreiben vom 25.03.2014 beträgt der Monatslohn ca. 600-700 €. Ausweislich der aktenkundigen Lohnabrechnung (Bl. 58 Verwaltungsakte des Beklagten - VA) ist er am 10.03.2014 in das Arbeitsverhältnis eingetreten und hat für den Zeitraum bis zum 31.03.2014 einen Bruttolohn von 696,67 € erhalten. Der Nettolohn betrug 556,11 €.
Der Antragsteller legte einen Kontoauszug für ein Konto Nummer ... bei der XY AG vor (Saldo 5,39 € zum 30.12.2013, Freistellungsauftrag über 801,00 €). Er legte das erste Blatt von zwei Blättern eines weiteren Kontoauszuges für das Girokonto Nr. ... bei der XY AG vor (Saldo -2.014,87 €, Datum des Saldos geschwärzt). Sämtliche Kontobewegungen wurden geschwärzt (Buchungsdatum, Buchung/Verwendungszweck und Betrag). Erkennbar ist, dass für den Zeitraum 01.10.2013 bis 31.12.2013 40,85 € Dispozinsen fällig wurden. Er legte Blatt 1 und 2 eines Kontoauszugs Nr. ... der V. vom 31.12.2013 für das Konto Nr. ... vor. Auch in diesem Kontoauszug wurden sämtliche Angaben über Einzelbuchungen (Buchungsdatum, Umsatzinformationen, Datum der Wertstellung, abgebuchte Beträge und gutgeschriebene Beträge) geschwärzt. Erkennbar ist der Kontostand zum 30.12.2013 (-477,18 €).
In der Anlage zur Feststellung der Vermögensverhältnisse gab er neben den drei genannten Konten auch ein Konto bei der S. (BIC..., IBAN...) mit einem Kontostand von 4,71 € an. Dieses Konto wurde gleichzeitig als Empfängerkonto für SGB II-Leistungen benannt.
Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 24.03.2014 fo...