Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Sehhilfe. Bestandteil der Regelleistung. Kostenübernahme im unteren Preissegment. Darlehen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sehhilfen sind dem von den Regelleistungen umfassten Bedarf zuzuordnen.

2. Die Ausstattung mit bestmöglichen Sehhilfen gehört nicht zum von der Regelleistung umfassten notwendigen Bedarf. Der Bezieher von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II muss sich deshalb regelmäßig mit einer Brille im unteren Preissegment begnügen.

3. Zur Darlehensgewährung nach § 23 Abs. 1 SGB II.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. März 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die unter Beachtung der Vorschriften der §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - (Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 ≪BGBl. I S. 444≫) eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, jedoch unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).

Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG), nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ≪ZPO≫); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫ NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - ≪beide juris≫ jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.; Binder in Lüdtke u.a., SGG, 2. Auflage, § 86b Rdnr. 33)

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Dem Begehren des Antragstellers mangelt es bereits am Anordnungsanspruch. Soweit der Antragsteller weiterhin die Übernahme der Kosten für eine Gleitsichtbrille durch die Antragsgegnerin als (verlorenen) Zuschuss erstreben sollte, vermag er mit diesem Begehren bei der hier gebotenen summarischen Prüfung schon deswegen nicht durchzudringen, weil Sehhilfen - soweit diese nicht ausnahmsweise als Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs. 2 bis 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden können - dem von der Regelleistung (§ 20 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch ≪SGB II≫) umfassten Bedarf zuzuordnen sind (vgl. Landessozialgericht ≪LSG≫ Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. August 2006 - L 19 B 316/06 AS ER -; Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen ≪OVG Bremen≫, Beschluss vom 19. März 2007 - S 1 B 77/07 - ≪beide juris≫; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 20 Rdnrn. 52 f.; ferner zum Zwölften Buch Sozialge...

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