Entscheidungsstichwort (Thema)

sozialgerichtliches Verfahren. Vollstreckbarkeit eines Grundurteils. Erlass eines ausführenden Verwaltungsaktes

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Grundurteil iSd § 130 Satz 1 iVm § 54 Abs. 4 SGG kann nach § 201 SGG vollstreckt werden.

 

Orientierungssatz

Ein Grundurteil iS des § 130 S 1 iVm § 54 Abs 4 SGG kann hinsichtlich des Erlasses eines ausführenden Verwaltungsaktes nach § 201 SGG vollstreckt werden.

 

Tenor

Der Antrag des Beklagten, die Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28.11.2006 - Az. S 13 AS 2372/06 - bis zur Erledigung des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz auszusetzen (§ 199 Abs. 2 Satz 1 SGG), wird abgelehnt.

Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte (§ 193 SGG).

 

Gründe

Der Antrag des Beklagten/Beschwerdeführers, den Vollzug der Entscheidung des SG einstweilen auszusetzen, ist zulässig, aber unbegründet.

Da die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG vom 28.11.2006 keine aufschiebende Wirkung hat (§ 154 Abs. 1 SGG iVm § 86a Abs. 1 SGG), kann der Vorsitzende des Gerichts, das über die Berufung zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen (§ 199 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Anordnung der Vollstreckungsaussetzung ist eine Ermessensentscheidung (Ruppelt in Hennig SGG § 199 Rn 20; aA BSG SozR 3-1500 § 199 Nr. 1). Bei der Entscheidung sind alle Umstände des Falles zu berücksichtigen und die Belange des durch die Entscheidung Begünstigten gegen das öffentliche Interesse, eine offensichtliche Fehlentscheidung nicht zu vollstrecken, gegeneinander abzuwägen (Ruppelt aaO mwN). Sind die Erfolgssaussichten des Rechtsmittels - hier der Berufung - nicht überschaubar, kommt es auf die Abwägung der betroffenen Interessen unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung und Dringlichkeit sowie der Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer etwaigen späteren Rückgängigmachung des Ausspruchs an (Ruppelt aaO; BSG 26.11.1999 - USK 91155; Zeihe NZS 1994, 505). Dazu gehört auch die Aussicht des Leistungsträgers, bei Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die inzwischen gewährten Entscheidungen zurückzuerhalten (Ruppelt aaO; zum Ganzen vgl. Beschluss des Senats vom 26.01.2006 - L 8 AS 403/06/ER -).

Mit Urteil vom 28.11.2006 hat das SG den Beklagten unter Aufhebung des die Gewährung von Leistungen ablehnenden Bescheides verurteilt, dem Kläger ab dem 10.01.2006 bis zum 30.06.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dem Grunde nach zu gewähren. Bei diesem Urteil handelt es sich nach Ansicht des Senats um ein Grundurteil iSd § 130 Satz 1 iVm § 54 Abs. 4 SGG, das nach § 201 SGG vollstreckt werden kann, obwohl die Beklagte nicht zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrages verurteilt worden ist. Dieses Grundurteil ist aber hinsichtlich des Erlasses eines ausführenden Verwaltungsakts vollstreckbar (Ruppelt aaO § 199 Rn 5 und § 201 Rn 5).

Bei der hier vorzunehmenden Abwägung ist zunächst zu berücksichtigen, dass offen ist, ob die Berufung des Beklagten Erfolg hat. Es ist eher davon auszugehen, dass die Berufung nicht begründet ist.

Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten als Arbeitslosengeld II u.a. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung - aF -). Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II aF). Soweit die Aufwendungen für Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II aF). Zuständig für die Erbringung dieser Leistungen ist der beklagte Landkreis der nach § 6a Abs. 2 SGB II iVm der Anlage zur Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 24.09.2004 (BGBl I S. 2349) als kommunaler Träger für die Leistungen nach § 6 Abs. Satz 1 Nr. 1 SGB II (Regelleistung nach § 20 SGB II) zugelassen worden ist. Für die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II) besteht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II eine Zuständigkeit des Beklagten kraft Gesetzes.

Im vorliegenden Fall stellt sich der unstreitige monatliche Mindestbedarf für den Kläger im allein streitbefangenen Zeitraum vom 10.01.2006 bis 30.06.2006 wie folgt dar:

Regelleistung

345,00 €

Müllgebühren

5,33 €

Kaminfeger

11,46 €

Grundsteuer

5,14 €

Gebäudeversicherung

13,10 €

Heizkosten

36,75 €

Wasserverbrauch

9,87 €

Summe

426,65 €

Diesem Bedarf steht nach insoweit übereinstimmender Ansicht des Klägers (siehe Klageschrift vom 15.05.2006) und des Beklagten ein monatliches Einkommen des Klägers in...

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