Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunftskosten. Bemühung um Kostensenkung. Hinweispflicht des Leistungsträgers. Anforderung an die angemessene Wohnfläche und Kaltmiete. keine Pauschalierung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Regelung in § 22 Abs 1 SGB 2 normiert eine Verpflichtung des Hilfebedürftigen zu Bemühungen um eine Kostensenkung (Anschluss an LSG Mainz vom 19.9.2006 - L 3 ER 161/06 AS). Der Hilfebedürftige muss sich deshalb ernsthaft und intensiv um eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung bemühen (vgl LSG Darmstadt vom 5.10.2006 - L 7 AS 126/06 ER).

2. Für den Hilfebedürftigen nachteilige Konsequenzen aus der Verletzung seiner sich aus § 22 SGB 2 ergebenden Obliegenheit dürfen aber nur gezogen werden, wenn er zuvor vom Leistungsträger darauf hingewiesen worden ist, welche Anforderungen hinsichtlich der Wohnungsgröße (in m Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sowie des Kaltmietpreises pro m Heiz- und andere Nebenkosten ggf aufzuwendenden Beträge nicht von vornherein auf die Zahlung von Pauschalbeträgen begrenzt werden.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Oktober 2006 abgeändert und der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig und unter Anrechnung bereits erfolgter Zahlungen für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 31. März 2007 Leistungen zu den Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in Höhe von monatlich insgesamt 559,83 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im Antrags- und Beschwerdeverfahren.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in tatsächlicher Höhe weiter zu gewähren.

Der 1953 geborene Antragsteller zu 1 bewohnt zusammen mit seinem am ....1988 geborenen Sohn P. (Antragsteller zu 2) sowie einem weiteren 1986 geborenen Sohn S. (S) eine Mietwohnung mit einer Nutzfläche von 165 m² (5 Zimmer, 1 Küche, 1 Bad mit WC, 1 Dusche mit WC). Mit der Wohnung wurden zusätzlich 2 TG-Stellplätze vermietet. Die Gesamtmiete beträgt 1145,56 € (Kaltmiete 889,66 €, Garage/Stellplatz 40,90 €, Nebenkostenvorauszahlung 215 €). Nach einer zu den Akten gelangten Mietbescheinigung wurden ca. 50 m² der Wohnfläche am 03.01.2005 vom Antragsteller an S gegen die Verpflichtung zur Übernahme der Hälfte der Mietkosten untervermietet. Dieser Bescheinigung entsprechen ausweislich eines Aktenvermerkes des Antragsgegners vom 04.02.2005 (Blatt 45) die vom Antragsteller und S bei einer Vorsprache am 04.02.2005 gemachten Angaben. S erhielt mit Bescheid vom 28.04.2005 vom Studentenwerk M. Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).

Mit Bescheiden vom 08.03.2006 (Blatt 117) und 30.06.2006 (Blatt 239) bewilligte der Antragsgegner Leistungen für Unterkunftskosten für die Zeit vom 01.01.2006 bis 30.06.2006 und 01.07.2006 bis 31.08.2006 in Höhe von jeweils monatlich 724,21 €. In diesen Bescheiden wurde u. a. darauf hingewiesen, dass die tatsächlichen Kosten der Unterkunft in Höhe von 1099,66 € den angemessenen Betrag für einen 3-Personen-Haushalt in Höhe von 517,00 € überschritten und dass die unangemessenen Kosten der Unterkunft längstens für 6 Monate (bis 31.08.2006) berücksichtigt würden. Die Antragsteller wurden aufgefordert, sich intensiv um eine günstigere Wohnung zu bemühen oder anderweitige geeignete Maßnahmen mit dem Ziel der Senkung der derzeitigen Unterkunftskosten auf einen angemessenen Umfang einzuleiten und eingeleitete Bemühungen nachzuweisen. Gegen diese Bescheide erhob der Antragsteller zu 1 jeweils Widerspruch (Blatt 137/301), mit dem er sich in der Sache gegen die Aufforderung zu Bemühungen um eine günstigere Wohnung wandte. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.03.2006 blieb durch Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 23.10.2006 erfolglos (Blatt 359). Gegen diesen Widerspruchsbescheid wandte sich der Antragsteller mit Schreiben vom 25.10.2006 (Blatt 373).

Inzwischen hatte der Antragsgegner den Antragstellern mit Bescheid vom 11.08.2006 (Blatt 307) gekürzte Leistungen für angemessene Unterkunftskosten für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.12.2006 in Höhe von monatlich 344,66 € bewilligt. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller zu 1 am 21.08.2006 Widerspruch (Blatt 351), über den vom Antragsgegner nach Aktenlage bislang noch nicht entschieden wurde. Mit weiterem Bescheid vom 11.12.2006 wurde den Antragstellern für die Zeit vom 01.01.2007 bis 30.06.2007 Leistungen für angemessene Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 356,66 € bewilligt.

Auf eine Anfrage des Antragstellers zu 1 vom 06.12.2006 wegen der Angemessenheit der Kosten eines Mietobjektes (74 m², 450 € Miete + 160 € Nebenkosten) stimmte der Antragsgegner der Anmietung dieser Wohnung unter Verweis auf ...

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