Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Asylbewerberleistung. Verfassungswidrigkeit der Bemessung der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG
Orientierungssatz
Zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Hinblick auf die hinreichenden Erfolgsaussichten einer Klage zur Klärung der Frage, ob die Bemessung der Grundleistungen gem § 3 AsylbLG im Hinblick auf den Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht.
Gründe
Die gemäß § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin ist nach § 172 Abs. 1 SGG statthaft, weil die Beschwerdeausschlussgründe des § 172 Abs. 3 SGG, insbesondere Nr. 2 a.a.O., nicht eingreifen; das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat die Ablehnung der Prozesskostenhilfe (PKH) nicht auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin, sondern allein auf die fehlende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung gestützt. Die sonach zulässige Beschwerde ist auch begründet. Die Klägerin hat für das Klageverfahren S 12 AY 4313/09 Anspruch auf Bewilligung von PKH unter Beiordnung des von ihr benannten Rechtsanwalts ab 26. Juni 2009.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit. Dabei sind freilich keine überspannten Anforderungen zu stellen (ständige Rechtsprechung des Senats unter Verweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG) BVerfGE 81, 347). Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung ist regelmäßig zu bejahen, wenn der Ausgang des Klageverfahrens als offen zu bezeichnen ist. Dies gilt namentlich dann, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bislang höchstrichterlich nicht geklärten Rechtsfrage abhängt (vgl. BVerfG NJW 1997, 2102; NJW 2004, 1789; Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-1500 § 62 Nr. 9) oder eine weitere Sachaufklärung, insbesondere durch Beweisaufnahme, ernsthaft in Betracht kommt (vgl. BVerfG NZS 2002, 420; info also 2006, 279). Keinesfalls darf die Prüfung der Erfolgsaussichten dazu führen, die Rechtsverfolgung in das summarische Verfahren der PKH zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. BVerfGE 81, 347, 357).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage zu bejahen. Im Klageverfahren stellen sich schwierige Fragen im rechtlichen und tatsächlichen Bereich, die nicht von vornherein klar zu beantworten sind.
Streitbefangener Zeitraum dürfte allerdings - entgegen der Auffassung des SG im angefochtenen Beschluss - lediglich die Zeit von Oktober 2008 bis Mai 2009 sein. Ersichtlich greift die Klägerin mit ihrer Klage zunächst die Bescheide der Beklagten vom 29. Oktober und 17. Dezember 2008 über die Bewilligung von Grundleistungen nach § 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Mai 2009 an. Zutreffend dürfte das SG darüber hinaus davon ausgegangen sein, dass auch der Bescheid vom 21. Januar 2009 seitens der Klägerin angefochten ist. Mit den drei vorgenannten (schriftlich erteilten) Bescheiden dürfte die Beklagte - aus der Sicht eines verständigen Erklärungsempfängers (vgl. hierzu etwa BSGE 101, 49 = SozR 4-3520 § 2 Nr. 2 (jeweils Rdnr. 11)) - lediglich über Leistungen für die Monate Oktober 2008 (Bescheid vom 29. Oktober 2008), Dezember 2008 (Bescheid vom 17. Dezember 2008) und Januar 2009 (Bescheid vom 21. Januar 2009) entschieden haben; für den Monat November 2008 sowie die Monate ab Februar 2009 dürften, soweit nach Aktenlage erkennbar (vgl. ferner den Schriftsatz der Beklagten vom 9. Juli 2009), lediglich konkludente Bewilligungen durch Überweisung des Leistungsbetrags erfolgt sein (§ 33 Abs. 2 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X); vgl. hierzu BSGE 101, 49 (Rdnr. 13)). Dass die Klägerin im Übrigen den - auf den Monat begrenzten - Regelungsinhalt der leistungsbewilligenden Verwaltungsakte (vgl. § 31 SGB X) selbst im oben genannten Sinne verstanden hat, wird durch ihre jeweiligen Vorsprachen bei der Beklagten zum Zwecke der Beantragung der Leistungsweitergewährung nach Ablauf des betreffenden Monats deutlich (vgl. Bl. 9/1 bis 9/3 der Verwaltungsakten). Soweit seitens der Beklagten, wovon der Senat derzeit ausgeht, bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids vom 22. Mai 2009 konkludente Bewilligungsentscheidungen getroffen worden sein sollten, wären diese, obwohl sie Folgezeiträume betreffen, ebenso wie der vorbezeichnete Bescheid vom 21. Januar 2009 über eine analoge Anwendung des § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 - B 8 AY 11/07 R - (juris; Rdnrn.10 f.)).
Stre...