Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Versicherter. kein Anspruch auf Befreiung von der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Versicherter kann nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Befreiung von der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte verlangen.

 

Orientierungssatz

Die Erhebung, Nutzung und Verarbeitung von Daten ist nach § 291a Abs 3 S 3 SGB 5 nur zulässig, wenn der Versicherte einwilligt, wobei die Einwilligung jederzeit widerrufen werden kann (§ 291a Abs 3 S 4 SGB 5). Der Versicherte kann damit schon durch die Verweigerung seiner Einwilligung verhindern, dass entsprechende Daten überhaupt erst erhoben werden. Damit ist auch im Hinblick auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht eine unmittelbare Beschwer nicht gegeben (vgl SG Düsseldorf vom 28.6.2012 - S 9 KR 111/09).

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 23.10.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Befreiung von der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK).

Im August 2011 forderte die Antragsgegnerin vom Antragsteller ein Lichtbild an und bat um Überprüfung der persönlichen Daten zur Ausstellung der eGK. Mit Schreiben vom 25.02.2012 teilte der Antragsteller mit, dass er die eGK nicht verwenden wolle, da die Karte und die dahinter stehende Infrastruktur gegen seine Rechte auf Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung verstießen. Er wolle weiterhin seine alte Krankenversichertenkarte benutzen und bitte um Erneuerung der Karte nach altem Muster. Die Antragsgegnerin erwiderte darauf mit Schreiben vom 04.04.2012, dass sie gesetzlich verpflichtet sei, die eGK einzuführen. Mit Schreiben vom 31.05.2012 erhob der Antragsteller sodann Widerspruch, den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 11.09.2012 zurückwies. Zur Begründung erläuterte sie die auf der eGK enthaltenen Angaben und verwies darauf, dass das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Daten mittels der eGK nur mit dem Einverständnis des Versicherten zulässig sei.

Hiergegen richtet sich die am 08.10.2012 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage, die dort noch anhängig ist (S 3 KR 3628/12). Am gleichen Tag hat der Antragsteller beim SG einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Die eGK und die dahinter stehende Telematik-Infrastruktur verstießen gegen seine Rechte auf Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung. Es bestehe keine ausreichende Kontrolle, dass nicht ggf zu einem späteren Zeitpunkt die auf der eGK gespeicherten Daten in falsche Hände kämen, insbesondere dass keine Speicherung in einer über das Internet vernetzten, potentiell unsicheren Telematik-Infrastruktur erfolge.

Mit Beschluss vom 23.10.2012 hat das SG den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lägen nicht vor. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Die eGK unterscheide sich hinsichtlich der Pflichtangaben nicht von der bisherigen Krankenversicherungskarte des Antragstellers. Diese Pflichtangaben iSv § 291 Abs 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) beträfen weder Gesundheitsdaten, noch weitergehende, die Persönlichkeitsrechte des Antragstellers betreffenden Sozialdaten. Soweit der Antragsteller geltend mache, dass er hinsichtlich der auf der eGK zu speichernden Gesundheitsdaten bei Nutzung der elektronischen Datenverarbeitungsmedien keine Kontrolle habe, welche Daten zu welchem Zeitpunkt auf der Karte gespeichert und in welchem Umfang diese in Datenverarbeitungsnetze eingespeist und über das Internet transferiert würden, sei derzeit ein wesentlicher Nachteil nicht glaubhaft gemacht. Die Antragsgegnerin habe nicht bestätigen können, dass die Einführung des elektronischen Rezepts unmittelbar bevorstehe. Soweit durch § 291a Abs 3 SGB V die Möglichkeit der Speicherung weiterer Daten auf der eGK eröffnet werde, sei das Erheben, Verarbeiten und Nutzen dieser Daten nur mit Einverständnis des Versicherten zulässig. Wesentliche Nachteile, zu deren Abwendung eine einstweilige Regelung nötig erscheine, seien nicht ersichtlich.

Hiergegen richtet sich die am 12.11.2012 eingelegte Beschwerde des Antragstellers. Er verlange von der Antragsgegnerin, dass sein Versichertenstatus nicht über die Telematik-Infrastruktur übertragen werde. Dieser Versichertenstatus werde in bestimmten Fällen Informationen über seine Diagnosen enthalten, nämlich über seine Teilnahme an einem strukturierten Behandlungsprogramm bei chronischen Krankheiten nach § 137f SGB V (sog Disease Management Programme - DMP). Diese DMP-Daten würden über das Internet übertragen, sobald der Antragsteller die eGK nutze. Es sei dem Antragsteller nicht zumutbar, erst in dem Moment gegen die Preisgabe von Gesundheitsinformationen im Internet klagebefugt zu sein, wenn er zB als Diabetiker unt...

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