Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitgegenstand im sozialgerichtlichen Verfahren. kein identischer Regelungsgegenstand bei einem sich auf den neu erworbenen Status als Syndikusrechtsanwalt beziehenden Bescheid über die Ablehnung der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht und einem Bescheid über die Ablehnung der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wegen Nichtausübung einer anwaltlichen Tätigkeit vor Erlangung des Status als Syndikusrechtsanwalt. Antragserfordernis des § 231 Abs 4b S 1 SGB 6
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Bescheid über die Ablehnung der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht, der sich auf den neu erworbenen Status als Syndikusrechtsanwalt bezieht, wird nicht Gegenstand des Gerichtsverfahrens gegen den Bescheid über die Ablehnung der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wegen Nichtausübung einer anwaltlichen Tätigkeit vor Erlangung des Status als Syndikusanwalt (vgl BSG vom 22.3.2018 - B 5 RE 12/17 B = juris).
2. Die rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht bei einer Beschäftigung als Syndikusrechtsanwalt nach § 231 Abs 4b S 1 SGB VI setzte einen gesonderten Antrag voraus. Zur Fristwahrung genügte es nicht, dass der Antragsschriftsatz bis zum 1.4.2016 beim Gericht eingegangen war.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 02.05.2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die rückwirkende Befreiung der Klägerin als Syndikusrechtsanwältin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die 1974 geborene Klägerin ist seit 13.02.2001 als Rechtsanwältin zugelassen und seit 21.10.2013 als Juristin bei der Firma B. & S. GmbH in L. (im Folgenden: Fa. B.) tätig. Ein von der Klägerin hierfür gestellter Antrag vom 02.04.2014 auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 24.07.2014 abgelehnt. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2015 zurückgewiesen. Die hiergegen zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage (S 1 R 1997/15) wurde auf Antrag der Klägerin und mit Einverständnis der Beklagten mit Beschluss vom 27.07.2015 zum Ruhen gebracht. Nach Wiederanrufung durch die Beklagte wurde das Verfahren unter dem Az. S 1 R 1330/19 fortgeführt. Mit Gerichtsbescheid vom 12.09.2019 wies das SG die Klage ab. Unter dem Az. L 5 R 3446/19 war die Berufung der Klägerin beim Senat anhängig. In der mündlichen Verhandlung vom 03.03.2021 erklärte der Klägerbevollmächtigte diesen Rechtsstreit für erledigt.
Mit an das SG adressiertem Schreiben vom 23.03.2016, welches am 30.03.2016 beim SG einging, teilte die Klägerin mit, dass sie die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin nach neuem Recht beantrage und bis zur bestandskräftigen Entscheidung über diesen Zulassungsantrag das Verfahren weiterhin ruhen solle. Weiter ist in dem Schreiben ausgeführt: „Aufgrund des bereits gestellten Antrags auf Befreiung von der Versicherungspflicht gem. § 6 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist unseres Erachtens bereits die „rückwirkende“ Befreiung nach § 231 Abs. 4b letzter Satz SGB VI fristgerecht beantragt. Daher ist der Antrag auf Befreiung gem. § 6 SGB VI und der Antrag auf rückwirkende Befreiung gem. § 231 Abs. 4b SGB VI bereits als gestellt anzusehen. Rein vorsorglich wird sowohl der Antrag auf Befreiung gern. § 6 SGB VI und der Antrag auf rückwirkende Befreiung gem. § 231 Abs. 4b SGB VI für die weiterhin ausgeübte Tätigkeit der klagenden Partei gestellt.“ Das Schreiben leitete das SG mit Schreiben vom 31.03.2016 an die Beklagte zur Kenntnisnahme und ggf. weiteren Bearbeitung in eigener Zuständigkeit weiter. Bei der Beklagten ging das Schreiben am 08.04.2016 ein.
Auf ihren Antrag vom 17.03.2016, bei der Rechtsanwaltskammer (RAK) Stuttgart am 18.03.2016 eingegangen, erteilte die RAK der Klägerin mit Bescheid vom 30.05.2016, ihr am 31.05.2016 zugestellt, die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin „für ihre Tätigkeit bei der Fa. B.“ gem. § 46a Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Insbesondere der Anstellungsvertrag der Klägerin mit der Fa. B. vom 01.07.2015 nebst Ergänzung vom 17.03.2016, in dem die konkrete Tätigkeit beschrieben werde, werde Bestandteil des Zulassungsbescheids. Die Zulassung erfolge tätigkeitsbezogen.
Mit Bescheid vom 21.09.2016 befreite die Beklagte die Klägerin nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI für ihre im Anstellungsvertrag vom 01.07.2015 bezeichnete Tätigkeit bei der Fa. B. ab dem 31.05.2016, dem Zeitpunkt der Zulassung als Syndikusrechtsanwältin, von der Rentenversicherungspflicht.
Zum 30.09.2016 beendete die Klägerin ihre Tätigkeit für die Fa. B. Daraufhin widerrief die RAK die Zulassung der Klägerin als Syndikusrechtsanwältin mit Bescheid vom 08.05.2017.
Mit Bescheid vom 09.01.2017 lehnte die Beklagte den Antrag auf rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs. 4b ...