Entscheidungsstichwort (Thema)

Einbeziehung von Landwirten in die Versicherungspflicht verfassungsgemäß

 

Orientierungssatz

Gegen die Einbeziehung von Landwirten bestehen selbst dann keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn diese gegen ihren Willen ohne Befreiungsmöglichkeit in die Solidargemeinschaft der Krankenversicherung der Landwirte einbezogen werden (vgl BVerfG vom 9.2.1977 - 1 BvL 11/74 = Sozr 5420 § 94 Nr 2).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 27.03.2006; Aktenzeichen B 12 KR 28/05 B)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung zum 31. Juli 2002 streitig.

Der ... 1952 geborene Kläger ist seit 1. Januar 1984 Inhaber der Gärtnerei K, die ihm durch notariellen Vertrag von seinem Vater übertragen wurde. Mit Bescheiden vom 5. Juli 1984 und 17. August 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 1984 stellte die Beigeladene die Versicherungspflicht des Klägers in der Landwirtschaftlichen- Gärtnerischen Krankenversicherung ab 1. August 1984 fest und teilte ihm gleichzeitig mit, dass er ab diesem Zeitpunkt in das Mitgliederverzeichnis der Beigeladenen eingetragen werde. Das hiergegen angestrengte Klageverfahren blieb ebenso erfolglos (Urteil des Sozialgerichts Stuttgart - SG - vom 18. Dezember 1985, Az. S 13 KR 4017/84) wie das Berufungsverfahren (Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg - LSG - vom 19. Dezember 1986, Az. L 4 KR 709/86).

Hierauf teilte der Kläger der Beigeladenen mit, dass er zum 31. Dezember 1985 seine Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer beende und seine Ehefrau den gärtnerischen Betrieb weiterführe. Daraufhin wurde die Versicherungspflicht des Klägers bei der Beigeladenen mit Bescheid vom 27. Januar 1986 zum 1. Januar 1986 beendet. Im Rahmen des Rechtsstreits über die Versicherungspflicht seiner Ehefrau wurde diese angehört und nachdem die Beweisaufnahme ergab, dass ein Unternehmerwechsel tatsächlich nie stattgefunden hatte, wurden die Bescheide über die Heranziehung der Klägerin zur Landwirtschaftlichen Krankenversicherung aufgehoben (Urteil des LSG vom 1. Oktober 1991, Az. L 4 KR 970/90). Dem schloss sich mit ähnlichen Erwägungen auch der 7. Senat des LSG zur Unfallversicherung des Klägers an (Urteil vom 17. August 1995, L 7 U 2342/93).

Daraufhin wurde der Kläger erneut von der Beigeladenen mit Bescheid vom 14. Februar 1992 rückwirkend zum 1. Januar 1986 in das Mitgliederverzeichnis aufgenommen. Nachdem dieser Bescheid in dem sich anschließenden Klageverfahren wegen Verfahrensfehlern als rechtswidrig angesehen wurde (Urteil des SG vom 3. Dezember 1992, S 17 KR 701/92), wurde der Bescheid durch die Beigeladene im anschließenden Berufungsverfahren beim LSG mit Bescheid vom 7. Juli 1993 wieder zurückgenommen (Az. L 4 KR 125/93).

Sodann stellte sie mit Bescheid vom 12. August 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 1994 erneut die Mitgliedschaft das Klägers als gärtnerischer Unternehmer ab dem 1. Januar 1986 fest. In dem sich daran anschließenden Klageverfahren vor dem SG verpflichtete sich die Beklagte mit Vergleich vom 21. November 1996, den Kläger erst ab August 1993 zur Beitragspflicht heranzuziehen. Im übrigen nahm der Kläger seine Klage zurück (Az. S 4 KR 2764/94).

Am 20. Mai 1997 beantragte der Kläger beim SG die Wiederaufnahme des unter dem Az. S 13 KR 4017/84 durchgeführten Klageverfahrens. Diesen Antrag nahm er in der mündlichen Verhandlung vom 19. August 1998 zurück (S 4 KR 2388/97 bzw. nach Abtrennung S 4 KR 1240/98).

Am 5. November 1999 beantragte er wiederum beim SG erneut die Wiederaufnahme jenes Verfahrens (S 4 KR 6671/99). Mit Beschluss vom 22. Mai 2001 erklärte sich das SG instanziell für unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das LSG (S 4 KR 6671/99). Mit Urteil vom 14. Dezember 2001 verwarf das LSG die Klage als unzulässig (L 4 KR 2436/01), da die Fünf-Jahresfrist des § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO nach Zustellung des Urteils vom 19. Dezember 1986 am 19. Januar 1987 abgelaufen sei.

Daraufhin teilte das Sozialministerium Baden-Württemberg der Beklagten mit Schreiben vom 4. Juni 2002 mit, dass nach der nunmehr rechtskräftigen Feststellung der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht des Klägers in der Gärtnerischen Krankenversicherung für eine Fortführung dessen freiwilliger Mitgliedschaft in der Krankenversicherung und Pflegeversicherung bei der Beklagten kein Raum mehr bestehe.

Mit Bescheid vom 4. Juli 2002 stellte die Beklagte fest, dass die freiwillige Mitgliedschaft des Klägers zum 31. Juli 2002 aufgrund der vorrangigen Versicherung nach dem KVLG beendet werde.

Der hiergegen ohne weitere Begründung eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 11. November 2002). Zur Begründung führte die Beklagte aus, eine freiwillige Mitgliedschaft ende mit Beginn einer Pflichtmitgliedschaft. Dies sei bei dem Kläger der Fall, da er als Unternehmer der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Wein- und Gartenbaus versicherungspflich...

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