Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Verletztengeldzahlung. Ende der Arbeitsunfähigkeit. freiwillige Aufnahme einer anderen Arbeit. neue Tätigkeit als Beurteilungsgrundlage der Arbeitsunfähigkeit. Ende eines "nachgehenden "Berufsschutzes". allgemeiner Arbeitsmarkt als Beurteilungsgrundlage für Arbeitsunfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
Nach einem Arbeitsunfall tritt eine Verletztengeld ausschließende Arbeitsfähigkeit auch ein, wenn freiwillig eine andere Arbeit aufgenommen wird. Die neue Tätigkeit wird dann zur Grundlage für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit (Anschluss an BSG vom 8.2.2000 - B 1 KR 11/99 R = BSGE 85, 271 = SozR 3-2500 § 49 Nr 4 = RdNr 14).
Orientierungssatz
Spätestens nach einem Zeitraum von drei Jahren endet ein “nachgehender„ Berufsschutz für die vormals ausgeübte oder - bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses - eine dieser gleichwertigen Tätigkeit.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 25. Februar 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Verletztengeldzahlung ab dem 15. Januar 2015.
Der im Jahr 1943 geborene, verwitwete Kläger war Polizeibeamter und befindet sich seit Dezember 1983 wegen einer angeborenen Fehlbildung der rechten Hand im vorzeitigen Ruhestand. Im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses war der Kläger ab Juni 2010 für ein Sicherheitsunternehmen zunächst im Schließ- und Objektdienst tätig. Während seiner Arbeit stürzte er am 29. Oktober 2011 beim Übersteigen einer Sperrkette, fiel auf das Kopfsteinpflaster am Unfallort und schlug sich das rechte Knie sowie die linke Schulter an. Der Kläger arbeitete in der Folge weiter. Er wurde von seinem Arbeitgeber nun überwiegend im Pfortendienst eingesetzt. Am 15. Januar 2015 endete das Beschäftigungsverhältnis nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages.
Mehr als fünf Wochen nach dem Sturz, am 8. Dezember 2011, suchte der Kläger deswegen den Durchgangsarzt Prof. Dr. S. auf. Zunächst wurde der Verdacht auf eine Innenmeniskusvorderhornläsion des Kniegelenks rechts geäußert und eine Tendomyopathie der langen Bizepssehne links diagnostiziert (Durchgangsarztbericht vom 8. Dezember 2011). Der Kläger wurde als arbeitsfähig beurteilt. Die durchgeführte magnetresonanztomographische Untersuchung erbrachte einen breiten Riss im Innenmeniskushinterhorn und der Pars media rechts, einen Riss in der Pars intermedia des Außenmeniskus rechts, einen retropatellaren Knorpelschaden bei intaktem Bandapparat und ein Enchondrom im distalen Femur (Befundbericht des S. J.-Krankenhauses F. vom 15. Dezember 2011), woraufhin eine Kniegelenksdistorsion rechts und eine Schulterprellung links diagnostiziert wurden (Befundbericht des S.. J.-Krankenhauses F. vom 16. Dezember 2011).
Am 21. Mai 2012 erlitt der Kläger einen weiteren Arbeitsunfall und zog sich beim Sturz auf sein linkes Handgelenk eine distale Radiusfraktur zu. Danach war er deswegen vorübergehend bis zum 20. Juli 2012 arbeitsunfähig krank.
Gestützt auf die Stellungnahmen der Beratungsärzte Dr. S. vom 27. Februar 2012 und K. vom 6. April 2012 erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 1. August 2012 den Unfall vom 29. Oktober 2011 dem Grunde nach als Arbeitsunfall an und stellte eine “folgenlos verheilte Prellung des rechten Knies, folgenlos verheilte Stauchung der linken Hand und Schulter„ als Unfallfolgen fest und bewilligte Heilbehandlung bis zum 25. November 2011. In seinem im Widerspruchsverfahren erstellten Gutachten vom 15. Oktober 2012 gelangte Prof. Dr. S., Ärztlicher Direktor am U.-Klinikum F., zu dem Ergebnis, dass lediglich eine Knieprellung rechts und eine Schulterprellung links, jeweils ausgeheilt, nicht aber der Einriss des Innenmeniskushinterhorns bis zur Pars intermedia reichend rechts, der Einriss des Außenmeniskus im Bereich der Pars intermedia rechts und die beginnende femoropatellare Arthrose rechts, Unfallfolge seien. Behandlungsbedürftigkeit habe drei Wochen bestanden. Der Kläger sei auf eigenen Wunsch die gesamte Zeit arbeitsfähig gewesen. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2011 zurück. Im Rahmen des hiergegen angestrengten Klageverfahrens beim Sozialgericht Freiburg (SG - S 9 U 6133/12), in dem es dem Kläger vor allem um die Kostenübernahme für eine durchgeführte Rehabilitationsbehandlung ging, wurde von Amts wegen ein Gutachten beim Orthopäden und Chirurgen Prof. Dr. S. eingeholt. Am 14. August 2013 berichtete dieser von einem aufrechten, ungehinderten Gangbild. Die Kniegelenksbeweglichkeit (Streckung/Beugung) habe rechts 0-0-130° mit deutlicher Innenmeniskus- und geringgradig ausgebildeter Außenmeniskussymptomatik betragen. Der Gutachter stellte ein belastungsabhängig funktionsbeeinträchtigtes rechtes Bein bei Innen- und Außenmeniskusschaden, eine endgradige und endgradig schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der linken Schulter bei folgenlos ausgeheilter Schulterp...