Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hilfsmittelversorgung. Anspruch auf Versorgung mit dem Geh- und Stehtrainer "Innowalk®"
Orientierungssatz
Zum Anspruch eines Versicherten auf Versorgung mit dem Geh- und Stehtrainer "Innowalk®" (hier verneint).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.11.2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht einen Anspruch auf Versorgung mit dem Geh- und Stehtrainer Innowalk® der M GmbH geltend.
Der im April 2002 geborene, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Kläger leidet von Geburt an unter einer Fehlbildung der Wirbelsäule und des Rückenmarks (Lumbale Spina bifida mit Hydrozephalus, Lähmungsniveau ab L 3/4). Darüber hinaus bestehen ua ein Tethered Cord-Syndrom und Muskelkontrakturen und eine Hüftsubluxation rechts.
Am 04.12.2017 beantragte der Kläger die Versorgung mit dem Steh- und Gehtrainer Innowalk® unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung der Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin R für das Gerät inklusive notwendigem Zubehör für 12 Monate zur Miete nach erfolgreicher Erprobung. Ausweislich des beigefügten Kostenvoranschlags für den „Innowalk® medium“ der M GmbH betrügen die Kosten hierfür 8.383,55 €.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 07.12.2017 ab. Der medizinisch-therapeutische Nutzen für die beantragte Behandlungsmethode und das hierfür erforderliche Hilfsmittel seien bisher wissenschaftlich nicht nachgewiesen und noch nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) beurteilt worden. Hilfsmittel, deren Einsatz untrennbar mit einer speziellen Behandlungsmethode verbunden sei, und die nicht oder noch nicht für die vertragsärztliche Behandlung durch Empfehlung des GBA zugelassen worden seien, könnten erst nach positiver Empfehlung des GBA ins Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen werden. Bei der Beurteilung der erforderlichen Hilfsmittel im Zusammenhang mit einer speziellen Behandlungsmethode sei die Krankenkasse an diese Empfehlung gebunden. Sofern eine solche Empfehlung nicht vorliege, sei unabhängig von den Umständen des Einzelfalls eine Kostenübernahme für das Hilfsmittel nicht möglich.
Hiergegen erhob der Kläger am 19.12.2017 Widerspruch. Er habe einen Grad der Behinderung von 100. Die Merkzeichen G, B, H und aG seien zuerkannt. Bedingt durch die schwere Grunderkrankung sei er in seiner motorischen Entwicklung stark beeinträchtigt. Eine eigenständige Steh- und Gehfähigkeit habe nicht erreicht werden können. Hierzu sei er auf Hilfsmittel angewiesen. Infolge der schwierigen Vertikalisierung und Mobilisierung habe sich zunehmend eine Fehlstellung und Bewegungseinschränkung herausgebildet. Seit 2012 bestehe eine beidseitige Hüftsubluxation. Ferner seien auch ausgeprägte Hüft- und vor allem Kniebeugekontrakturen, eine Verkürzung der Psoasmuskulatur sowie Hacken-Hohlfüße festgestellt worden. Aus dem Arztbericht des Behandlungszentrums A im C vom 18.06.2013 sei ersichtlich, dass sich die Ärzte dort einer Empfehlung zur Hüftrekonstruktion nicht hätten anschließen können. Damals habe er noch mit Oberschenkelorthesen im Beckenteil laufen können. Um diese guten motorischen Voraussetzungen zu einer eigenständigen Fortbewegung zu unterstützen, sei seitens der behandelnden Ärzte im Behandlungszentrum A zunächst eine Korrektur der Kniebeugekontrakturen in Form einer Autokorrektur sowie einer Verlängerung der Psoasmuskulatur empfohlen worden. Hierzu habe er intensive heilmitteltherapeutische Betreuung erhalten. Insbesondere sei er im November 2015 und im Sommer 2016 in der S Klinik M H nach der Brucker-Biofeedback-Methode behandelt worden. Ausweislich des Arztbriefs der S Klinik M H vom 18.07.2016 sei im Anschluss hieran jedoch festgestellt worden, dass eine klinische Besserung durch einen erneuten konservativen Therapieblock nicht zu erwarten sei. Eine klinische Besserung des gesundheitlichen Zustandes sei jedoch unbedingt notwendig. Aufgrund der massiven Gelenkskontrakturen sei er von einem Stehverlust bedroht. Eine Vertikalisierung werde für dringend notwendig erachtet. Auf der Suche nach einer Möglichkeit, ihm die dennoch dringend benötigte Vertikalisierung zu ermöglichen, seien seine Eltern auf den Geh- und Stehtrainer Innowalk® gestoßen. Am 13.05.2017 sei es zu einer einmaligen Erprobung des Innowalk® gekommen. Ausweislich des Erprobungsberichts habe dabei bereits im Rahmen der einmaligen Erprobung unter anderem eine Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit und eine Förderung der Gehfähigkeit festgestellt werden können. Auch seine behandelnden Ärzte und Physiotherapeuten befürworteten die Versorgung mit einem Innowalk® . Der Innowalk® sei erforderlich, um einer weiteren drohenden Behinderung - nämlich dem Stehverlust - vorzubeugen und um die bestehende Behinderung auszugleichen. Hierzu legte der Kläger ei...