Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Unterkunft und Heizung. Übernahme der Kosten für Schönheitsreparaturen. Unwirksamkeit einer Mietvertragsklausel mit starrer Fristenregelung. Verpflichtung des Vermieters zur Erhaltung der Mietsache nach § 535 Abs 1 S 2 BGB. kein Anspruch des Mieters gegen den Sozialhilfeträger auf Übernahme des Prozessrisikos
Leitsatz (amtlich)
Kein Anspruch gegen den Sozialhilfeträger auf Befreiung vom Prozessrisiko zur Durchsetzung vermeintlicher zivilrechtlicher Ansprüche auf Schönheitsrenovierung gegen den Vermieter bei nicht wirksam abbedungener Verpflichtung aus § 535 Abs 1 S 2 BGB.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. April 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Übernahme der Kosten für die geplante Schönheitsrenovierung der Wohnung.
Die am 1949 geborene Klägerin bezieht seit längerem aufstockend Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom Beklagten. Sie wohnt seit 1997 in der Str. 29. Im Mietvertrag vom 15.9.1997 ist unter § 7 zu den Schönheitsreparaturen während des Mietverhältnisses vereinbart, dass diese gemäß dem nachstehenden Fristenplan -regelmäßig alle 3, 5 bzw. 10 Jahre - auf eigene Kosten in fachhandwerklicher Ausführung vornehmen zu lassen oder vorzunehmen sind (Bl. 153/3 VA). Nach ihren Angaben wurde die Wohnung zuletzt im Jahre 2008 umfassend durch ihren Sohn renoviert.
Mit E-Mail vom 10.10.2012 beantragte sie die Übernahme der Kosten von noch durchzuführenden Schönheitsreparaturen in ihrer Wohnung durch eine Fachfirma. Unter Vorlage einer Auskunft eines Rechtsanwalts führte sie aus, dass die Schönheitsreparaturenklausel in ihrem Mietvertrag zwar unwirksam sei, dies bedeute jedoch im Umkehrschluss nicht, dass ihr Vermieter für die Schönheitsreparaturen zuständig sei. Ihr könne man die Arbeiten als alleinstehende und schwer erkrankte Frau nicht zumuten (Bl. 195 VA).
Mit Bescheid vom 27.11.2012 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Die mietvertragliche Klausel sei unwirksam. Für die Klägerin bestehe während des Mietverhältnisses keine Verpflichtung, Schönheitsreparaturen in der Wohnung durchzuführen bzw. durchführen zu lassen. Der Erhalt der Wohnung für den mietgemäßen Gebrauch sei Sache des Vermieters. Eine sozialhilferechtliche Notwendigkeit bestehe nicht (Bl. 195/2 VA). Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16.9.2013, Bl. 195/5 VA).
Dagegen hat die Klägerin am 9.10.2013 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt. Ihr Vermieter werde die Kosten nicht übernehmen. Eine sozialrechtliche Notwendigkeit bestehe für die über 4 Jahre zurückliegenden Schönheitsreparaturen allein schon durch die Würde des Menschen. Es könne nicht sein, dass Rentnerinnen wegen ihrer finanziellen Lage bis zum Lebensende keine Wohnungsrenovierungen durchführen könnten. Auch der von der Beklagten empfohlene Beitritt zum Mieterverein zur Unterstützung der Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Vermieter biete keine Lösung, da sie weder den Mitgliedsbeitrag aufbringen könne noch eine Deckungszusage erteilt werden würde, nachdem das Problem schon bestehe. Es sei ihr nicht zumutbar, das Prozessrisiko für eine Zivilklage zu tragen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28.4.2014 abgewiesen. Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten der Renovierung durch den Beklagten komme nur im Rahmen des § 35 SGB XII in Betracht. Grundsätzlich könnten mietvertraglich vereinbarte Zuschläge für Schönheitsreparaturen unter die danach zu übernehmenden Kosten der Unterkunft fallen. Hier liege aber keine Konstellation vor, bei der mit der Miete von der Klägerin ein Kostenanteil für die Durchführung von Schönheitsreparaturen gefordert werde, noch habe der Vermieter sie zur Renovierung aufgefordert. Die Klägerin selbst wolle Schönheitsreparaturen durchführen lassen. Die Klägerin habe aber bisher weder eine Renovierungsbedürftigkeit noch einen konkreten Bedarf (Kostenvoranschläge) dargelegt. Bei einer solchen Konstellation könne gegenüber der Beklagten ein Anspruch nur in Betracht kommen, wenn nicht ein durchsetzbarer Anspruch der Klägerin gegen den Vermieter auf Durchführung der Schönheitsreparaturen bestehe. Ansonsten liege keine Hilfebedürftigkeit der Klägerin vor. Grundsätzlich obliege es dem Vermieter nach § 535 Abs. 1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Mietsache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Deshalb habe auch grundsätzlich der Vermieter die durch den vertragsgemäßen Gebrauch erforderlich gewordenen Schönheitsreparaturen auf seine Kosten durchführen zu lassen. Die Klägerin sei nicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet worden, da die entsprechende Klausel unwirksam sei. Angesichts dieser klaren Rechtslage sei es der Klägerin auch zuzumuten, zunächst die Ansprüche gegenüber Ihrem Vermi...