Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. fingierte Genehmigung wird mit dem Ende der Mitgliedschaft bei der Krankenkasse gegenstandslos. Genehmigungsfiktion kommt keine Feststellungswirkung gegenüber anderen Krankenkassen zu

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine nach § 13 Abs 3a SGB V fingierte Genehmigung wird mit dem Ende der Mitgliedschaft bei der Krankenkasse gegenstandslos.

2. Der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a SGB V kommt keine Feststellungswirkung gegenüber anderen Krankenkassen zu. Der Leistungsantrag einer Versicherten, der zum Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a SGB V bei der bisherigen Krankenkasse geführt hat, wirkt nach Beendigung der Mitgliedschaft bei dieser Krankenkasse nicht gegenüber der neuen Krankenkasse fort.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16.02.2018 aufgehoben, soweit die Beklagte verurteilt wurde, der Klägerin eine Bauchdeckenplastik und Oberschenkelstraffung beidseits als Sachleistung zu gewähren. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Bauchdeckenplastik und Oberschenkelstraffung.

Die 1982 geborene Klägerin war bis 30.09.2017 bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Seit 01.10.2017 besteht eine laufende Versicherung bei der Beigeladenen.

Am 02.05.2016 ging bei der Beklagten ein Antrag der Klägerin auf Resektion überschüssiger Hautanteile am Unterbauch sowie an der Innenseite der Oberschenkel nach erheblichem Gewichtsverlust ein. Beigefügt war ein ärztlicher Befundbericht von Prof. Dr. K. vom 18.04.2016.

Mit Schreiben vom 24.05.2016 forderte die Beklagte Bilder bei der Klägerin an, um diese dem MDK zur Erstellung eines Gutachtens zukommen zu lassen. Diese gingen nicht ein. Mit Bescheid vom 20.07.2016 lehnte die Beklagte den Antrag wegen unvollständiger Unterlagen ab. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Sie machte ua den Eintritt der Genehmigungsfiktion geltend.

Mit Bescheid vom 29.11.2016 traf die Beklagte folgende Verfügungen:

„1. Die durch Fiktion eingetretene Bewilligung der Bodylift Operation an Bauch und Oberschenkel bds wird aufgehoben.

2. Dem Widerspruch vom 05.08.2016 wird abgeholfen. Der Ablehnungsbescheid vom 20.07.2016 wird aufgehoben.

3. Soweit bisher Kosten im Widerspruchsverfahren entstanden sind, werden diese erstattet.

4. Im Übrigen wird die beantragte Bodylift Operation an Bauch und Oberschenkel bds abgelehnt.“

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Antrag nicht rechtzeitig innerhalb der 3-Wochen-Frist verbeschieden worden sei. Infolgedessen sei die Genehmigungsfiktion eingetreten. Daher sei der ablehnende Bescheid rechtswidrig. Da auf die beantragte Versorgung mit einer Bodylift Operation an Bauch und Oberschenkel beidseits kein materieller-rechtlicher Anspruch bestehe, sei die durch Verfristung eingetretene Genehmigungsfiktion aufzuheben. Im Ergebnis müsse daher über den Antrag neu entschieden werden. Da aber weder die Laienfotodokumentation vorgelegt worden sei, noch ein Termin zur körperlichen Untersuchung beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) wahrgenommen worden sei, sei der Antrag abzulehnen.

Hiergegen erhob die Klägerin erneut Widerspruch. Sie ist am 14.12.2016 zu einer körperlichen Untersuchung beim MDK erschienen. Dieser stellte mit Gutachten vom 15.12.2016 den folgenden Befund: „Im Bereich des Abdomen finden sich leichte Hautlappen die den Schambereich nicht überschreiten. Keine Entzündungszeichen. Im Bereich der Oberschenkel bds. keine besonderen Hautlappen von Krankheitswert oder Entzündungszeichen.“ Der Gutachter vertrat die Ansicht, es handle sich nicht um eine Erkrankung im versicherungsrechtlichen Sinne. Mithin könne die beantragte Leistung nicht empfohlen werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2017 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.11.2016 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die fiktive Genehmigung nach § 45 SGB X zu Recht aufgehoben worden sei. Es bestehe kein materieller-rechtlicher Anspruch auf die begehrte Leistung. Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass der Klägerin die beantragte Leistung zustehe und in Anspruch genommen werden könne, sei allein aufgrund des Ablaufs der 3-wöchigen Bearbeitungsfrist nicht entstanden.

Hiergegen hat die Klägerin am 10.07.2017 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 16.02.2018 hat das SG den Bescheid vom 20.07.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2017 insoweit aufgehoben, als mit ihm die beantragte Bauchdeckenplastik und Oberschenkelstraffung beidseits abgelehnt worden ist. Der Bescheid vom 29.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2017 ist insoweit aufgehoben worden, als mit ihm die Aufhebung der Genehmigung...

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