Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. freiwillig versichertes Mitglied. Elterngeldbezug. Beitragsentrichtung nach Mindesteinnahmen. kein Verstoß gegen Verfassungsrecht
Leitsatz (amtlich)
Ein freiwillig versichertes Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung, das Elterngeld bezieht und keine weiteren Einnahmen hat, hat für die Dauer des Bezugs von Elterngeld Beiträge nach den Mindesteinnahmen zu entrichten.
Orientierungssatz
Ein Verstoß gegen die Art 3 Abs 1 und 6 Abs 1 GG liegt nicht vor.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 2. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich im Berufungsverfahren noch gegen die Festsetzung von (Mindest-)Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung vom 11. September 2012 bis 15. Juli 2013.
Die alleinstehende Klägerin war bis 31. Dezember 2011 wegen einer Beschäftigung versicherungspflichtiges Mitglied der zu 1) beklagten Krankenkasse sowie der zu 2) beklagten Pflegekasse. Das der Klägerin in ihrer Beschäftigung gezahlte Arbeitsentgelt lag ab dem Jahr 2011 über der Jahresarbeitsentgeltgrenze (im Jahre 2011 € 49.967,00 jährlich, im April 2012 monatlich € 4.501,28). Die Beklagte zu 1) führte sie deshalb seit 1. Januar 2012 als freiwillig versichertes Mitglied, die Beklagte zu 2) weiterhin als versicherungspflichtiges Mitglied. Nach der Geburt ihres Sohnes befindet sie sich vom 16. Juli 2012 bis 15. Juli 2015 in Elternzeit. Vom 16. Juli 2012 bis 15. Juli 2013 bezog sie Elterngeld.
Auf die Anforderung der Beklagten zu 1) reichte sie zur Berechnung der Beiträge während der Elternzeit den Bescheid für 2011 über Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag des Finanzamts O. vom 30. März 2012 (Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit € 49.967,00) und die Entgeltabrechnung für den April 2012 ein. Ferner gab sie in einem Fragebogen zum Einkommen unter dem 1. Oktober 2012 an, sie habe ein Bruttogehalt seit 2012 in Höhe von € 4.500,00 und bestreite ihren Lebensunterhalt durch Einnahmen aus ihrer nicht selbstständigen Erwerbstätigkeit. Mit Bescheid vom 12. Oktober 2012 setzte die Beklagte zu 1), zugleich im Namen der Beklagten zu 2), die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 11. bis 30. September 2012 auf € 98,29 sowie ab 1. Oktober 2012 auf € 147,44 monatlich (€ 130,38 zur Krankenversicherung und € 17,06 zur Pflegeversicherung) fest. Der Berechnung der Beiträge legte sie monatliche (Mindest-)Einkünfte von € 875,00 sowie Beitragssätze von 14,9 v.H. zur Krankenversicherung und 1,95 v.H. zur Pflegeversicherung zugrunde. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2012 setzte die Beklagte zu 1), zugleich im Namen der Beklagten zu 2), ab 1. Januar 2013 die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auf € 152,27 monatlich (€ 133,85 zur Krankenversicherung und € 18,42 zur Pflegeversicherung) fest. Der Berechnung der Beiträge legte sie monatliche (Mindest-)Einkünfte von € 898,33 sowie Beitragssätze von 14,9 v.H. zur Krankenversicherung und 2,05 v.H. zur Pflegeversicherung zugrunde.
Die Klägerin erhob gegen beide Bescheide Widerspruch. Wegen des Bezugs von Elterngeld während der Elternzeit, das unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze liege, sei von einer beitragsfreien Pflichtversicherung auszugehen. Die Erhebung von Beiträgen als freiwilliges Mitglied sei wegen des grundrechtlichen Schutzes der Familie und des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht zutreffend. Der gemeinsame Widerspruchsausschuss der Beklagten wies die Widersprüche der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2013, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24. Juni 2013 zugegangen). Die Klägerin befinde sich seit 11. September 2012 in Elternzeit und habe ab diesem Zeitpunkt kein Arbeitsentgelt mehr bezogen, so dass keine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bestanden habe. Deshalb habe die freiwillige Versicherung weiterhin durchgeführt werden können. Nach § 224 Abs. 1 SGB V habe für die Klägerin Beitragsfreiheit wegen des Bezugs von Elterngeld bestanden. Zu beachten sei jedoch, dass die Voraussetzungen des § 8 Abs. 6 der Einheitlichen Grundsätze des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) bei der Klägerin nicht vorlägen, da sie keinen Anspruch auf eine Familienversicherung besitze. Deshalb seien für die freiwillige Mitgliedschaft der Klägerin weiterhin Beiträge zu berechnen. Da die Klägerin mitgeteilt habe, lediglich über Einkünfte in Form von Eltern- oder Erziehungsgeld zu verfügen, sei der Beitrag aus der gesetzlichen Mindestbemessungsgrundlage zu bere...