Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Arbeitslosengeld II. Beschränkung des Streitgegenstandes auf den Regelbedarf. Verfassungsmäßigkeit der Neubemessung des Regelbedarfs
Leitsatz (amtlich)
Auch unter Neufassung der §§ 19 bis 22 SGB 2 durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 2011, 453) handelt es sich bei dem Anspruch auf den Regelbedarf um einen von den übrigen im Arbeitslosengeld II enthaltenen Leistungen abtrennbaren Anspruch.
Orientierungssatz
Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzliche Festlegung der Höhe des Regelbedarfs in § 20 Abs 2 SGB 2 in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 2011, 453).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26. August 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.11.2010 bis 30.04.2011 streitig.
Die 1952 geborene Klägerin bewohnt mit ihrem 1978 geborenen Sohn - seit Dezember 2009 auch zusammen mit ihrer Mutter - eine 2- Zimmer-Wohnung, für die eine Kaltmiete von monatlich 306,78 € zu entrichten ist. Sie bezieht seit dem 01.01.2005 vom Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger Leistungen nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 11.10.2010 bewilligte ihr der Beklagte Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.11.2010 bis 30.04.2011 in Höhe von monatlich insgesamt 490,36 €. Darin enthalten waren neben den Kosten der Unterkunft (KdU) in Höhe von monatlich 131,46 € Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 359,00 €. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.12.2010 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 03.01.2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben mit der Begründung, der ab 01.01.2011 bewilligte Leistungssatz in Höhe des bisherigen Regelsatzes entspreche nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Der Gesetzgeber müsse “ offenbaren, warum ein hilfebedürftiger Bürger zu seiner menschenwürdigen Existenz einer finanziellen Unterstützung bedarf „. Mit Änderungsbescheid vom 26.03.2011 hat der Beklagte der Klägerin rückwirkend ab dem 01.01.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i.H.v. monatlich 364,00 € sowie unveränderte KdU bewilligt.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.08.2011 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, die bewilligten Leistungen entsprächen der gesetzlichen Regelung, gegen die keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden.
Gegen den am 31.08.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 30.09.2011 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, ihr seien Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II in gesetzlicher und verfassungskonformer Höhe unter Berücksichtigung eines Regelsatzes in Höhe von zumindest 435,00 € ab dem 01.01.2011 monatlich zu gewähren. Die Referenzgruppen seien fehlerhaft festgestellt. Für Alleinstehende und Alleinerziehende werde die Bemessung der Regelleistung anhand der untersten 15 % der Einkommensbezieher ermittelt. Für Familien werde die Bemessung der Regelleistung anhand der untersten 20 % der Einkommensbezieher herangezogen. Diese Differenzierung sei nicht nachvollziehbar. Gleichzeitig würden bei den Referenzgruppen Haushalte, die zusätzliches Erwerbseinkommen bezogen hätten, das nicht als Einkommen berücksichtigt worden sei, die einen Zuschlag nach § 24 SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung bezogen hätten, die Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz bezogen hätten oder die Anspruch auf eine Eigenheimzulage gehabt hätten, nicht ausgenommen. Da diese Haushalte aber nur ergänzend Grundsicherungsleistungen bezögen, führe ihre Berücksichtigung zu einer niedrigeren Festlegung der Regelsatzhöhe, als wenn der tatsächliche Bedarf berücksichtigt worden wäre. Gleichzeitig seien auch Haushalte, deren monatliches Einkommen 18.000,00 € übersteige, von der Berücksichtigung bei den Referenzhaushalten ausgenommen worden. Auch hierdurch werde der Bedarf nicht vollständig ermittelt. Zudem sei nicht sichergestellt, dass die vom Statistischen Bundesamt ermittelten Daten repräsentativ seien. Insgesamt entspreche das Verfahren zur Bemessung des neuen Regelsatzes ab dem 01.01.2011 somit nicht den Kriterien des Bundesverfassungsgerichts. In den Regelsatz seien vielmehr auch die Leistungen aufzunehmen, welche die Bundesregierung in Abzug gebracht habe, somit im Bereich Nahrungsmittel für alkoholfreie Getränke 16,20 €; im Bereich Wohnen für Energie und Wohnungsinstandhaltung 76,00 €; im Bereich Verkehr 57,00 €; im Bereich Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen 17,96 €.
Die Klägerin beantragt s...