Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücknahme eines Antrages auf Befreiung von der in einer geringfügigen Beschäftigung eintretenden Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Das Begehren, einen Antrag auf Befreiung von der in der geringfügigen Beschäftigung eintretenden Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zurücknehmen zu dürfen, ist als Antrag auf Rücknahme der als erteilt geltenden Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auszulegen.
2. Rechtsgrundlage für dieses Begehren sind die §§ 44ff SGB X, deren Voraussetzungen regelmäßig zu verneinen sind.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 15.03.2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin möchte ihre antragsgemäße Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung in ihrer geringfügigen Beschäftigung rückgängig machen.
Die am ... 1961 geborene Klägerin ist seit dem 01.01.2018 bei einem Sport- und Gesundheitscenter als Aushilfe geringfügig (Bruttolohn anfangs monatlich 366,75 €, Bl. 37 LSG-Akte, zwischenzeitlich nach den Angaben der Klägerin 230,00 €) beschäftigt. Am 11.12.2017 beantragte sie für diese Beschäftigung die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und - so die weitere Erklärung - sie verzichtete auf den Erwerb von Pflichtbeitragszeiten. Die Hinweise im Merkblatt (zur Feststellung dessen Inhalts wird auf die Feststellungen im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen) habe sie zur Kenntnis genommen und ihr sei bekannt, dass der Befreiungsantrag für die Dauer der Beschäftigung bindend und eine Rücknahme nicht möglich sei. Hinsichtlich der Einzelheiten des Antrages wird auf Bl. 4 SG-Akte Bezug genommen. Am 09.02.2018 meldete der Arbeitgeber bei der Beklagten (Eingang dort am 10.02.2018, Bl. 10 VA) den Beginn der geringfügigen Beschäftigung und dass die Klägerin einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung stellte (vgl. Bl. 33 SG-Akte).
Im Mai 2018 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, den Antrag zurücknehmen zu dürfen. Es sei ein Fehler gewesen, diesen Antrag zu stellen. Sie sei zuletzt 1998 in Vollzeit beschäftigt gewesen und sie brauche die Beiträge. Mit Bescheid vom 06.06.2018 und Widerspruchsbescheid vom 13.09.2018 lehnte die Beklagte das Begehren ab, weil der Antrag nicht zurückgenommen oder widerrufen werden könne. Dies sei für die Dauer der Beschäftigung ausgeschlossen.
Das hiergegen am 04.10.2018 mit der Begründung, es sei ja eigentlich nur ein einfacher Verwaltungsakt notwendig und die Alternativen dazu seien aufwändiger, angerufene Sozialgericht Freiburg hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15.03.2019 abgewiesen und u.a. die Regelung des § 6 Abs. 1b Satz 4 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) zitiert, wonach - worauf schon die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden hingewiesen hatte - der Antrag für die Dauer der Beschäftigung bindend ist. Eine Rücknahme oder ein Widerruf des Antrages sei daher nicht möglich, ebenso wenig eine Anfechtung. Dass die Klägerin die Stellung des Antrages als Fehler bewerte, weil ihr noch Beitragszeiten für einen Rentenanspruch fehlten, sei ein unbeachtlicher Motivirrtum.
Gegen den ihr am 20.03.3019 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17.04.2019 Berufung eingelegt. Sie hält die Rechtslage für unzureichend und meint, sie sei einem beachtlichen Motivirrtum unterlegen.
Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 15.03.2019 sowie den Bescheid vom 06.06.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.09.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die als erteilt geltende Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für rechtmäßig.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 06.06.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.09.2018, mit dem die Beklagte das Begehren der Klägerin, für ihre geringfügige Beschäftigung Pflichtbeiträge zu erhalten und daher den Befreiungsantrag zurücknehmen zu dürfen, ablehnte. Dieses laienhaft formulierte Begehren ist vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelungen über diese Befreiung sachdienlich auszulegen. Nur s...