Entscheidungsstichwort (Thema)

Kranken- bzw Pflegeversicherung. freiwillig Versicherter. Arbeitseinkommen. Einkünfte aus der Verpachtung von Grundstücken. rückwirkende Beitragserhöhung

 

Leitsatz (amtlich)

Liegt eine sog Betriebsaufspaltung vor und werden deshalb vom Finanzamt Einkünfte aus der Verpachtung von Grundstücken (steuerrechtlich) als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gewertet, handelt es sich (sozialversicherungsrechtlich) um Arbeitseinkommen iS des § 15 SGB 4.

 

Orientierungssatz

Durch die Regelung des § 240 Abs 4 S 5 SGB 5 sollen Beitragskorrekturen für die Vergangenheit aufgrund der Vorlage eines Steuerbescheides vermieden werden. Hiervon unberührt bleiben jedoch rückwirkende Änderungen aufgrund höherer Einnahmen ab Erlass des Einkommensteuerbescheides.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 05.08.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Höhe von Beiträgen zur freiwilligen Kranken- (KV) und sozialen Pflegeversicherung (PV) ab dem 01.09.2008.

Die am ...1929 geborene Klägerin ist seit dem 01.04.1985 freiwilliges Mitglied der gesetzlichen KV (ohne Anspruch auf Krankengeld) und versicherungspflichtiges Mitglied in der sozialen PV. Sie bezieht eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Außerdem hält sie 25 % der Anteile an der mit Gesellschaftsvertrag vom 14.12.2000 vereinbarten Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) „Z. Grundstücksgesellschaft II“. Zweck der Gesellschaft ist es, die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücke und die gleichfalls zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Geschäftsanteile an der Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma Gebr. Z. GmbH Kalk- und Schotterwerk, V./E., zu halten und zu verwalten. Die GbR vermietet als sogenanntes Besitzunternehmen Grundstücke an die Gebr. Z. GmbH. Die Gesellschaftsanteile der Gebr. Z. GmbH werden zu 100 % von der GbR gehalten. Auf Grund der sachlichen und personellen Verflechtung beider Gesellschaften nimmt die Steuerverwaltung eine Betriebsaufspaltung an, weshalb auch das Besitzunternehmen als Gewerbebetrieb behandelt wird. In den Einkommenssteuerbescheiden der Klägerin werden folgende Einkünfte ausgewiesen:

Datum

Steuerjahr

Einkünfte aus

Gewerbebetrieb

Einkünfte aus

Kapitalvermögen

(Einnahmen)

Einkünfte aus

Vermietung

und Verpachtung

steuerpflichtiger

Teil der Rente

14.03.2007

2005

22.822 €

519 €

5.251 €

2.428 €

29.08.2008

2006

30.559 €

395 €

8.036 €

2.530 €

10.11.2009

2007

57.496 €

1.130 €

74 €

2.544 €

19.02.2010

2008

30.247 €

1.193 €

5.880 €

2.585 €

23.02.2011

2009

56.659 €

2.536 €

1.735 €

2.573 €

12.03.2012

2010

36.842 €

652 €

4.662 €

2.737 €

Für die Zeit ab dem 01.01.2008 setzte die Beklagte zu 1) Beiträge zur KV in Höhe von 408,39 € sowie zur PV in Höhe von 47,71 € fest (Bescheid vom 17.01.2008). Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass Änderungen in den Einkommensverhältnissen umgehend mitzuteilen seien. Mit Bescheiden vom 25.06.2008 und 26.09.2008 erfolgten jeweils Erhöhungen der von der Klägerin zu zahlenden Beiträge auf Grund von Beitragssatzänderungen.

Am 27.10.2008 ging bei der Beklagten zu 1) der Einkommenssteuerbescheid der Klägerin für das Jahr 2006 ein. Mit Bescheid vom 19.11.2008 setzte die Beklagte zu 1) die Beiträge zur KV und PV daraufhin neu fest. Der Beitragsbemessung legte sie ua die im Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2006 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugrunde. Ab dem 01.09.2008 forderte sie Beiträge zur KV unter Ansatz eines Beitragssatzes von 15,4 % für die Renteneinkünfte und im Übrigen von 14,4 % in Höhe von insgesamt 522,69 € und Beiträge zur PV bei einem Beitragssatz von 1,95 % in Höhe von 70,20 €. Ab dem 01.10.2008 erhöhte die Beklagte zu 1) ihre KV-Beitragssätze um 0,6 % und damit den KV-Beitrag auf 544,28 €.

Hiergegen legte die Klägerin am 26.11.2008 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde angegeben, es dürften lediglich 10 % der im Einkommenssteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Beitragsbemessung zugrundegelegt werden. Nur insoweit liege eine Steigerung der Leistungsfähigkeit der Klägerin vor. Laut Gesellschaftsvertrag (§ 19) könne die Klägerin nur 10 % des jährlichen Gewinnanteils entnehmen. Eine Änderung der maßgeblichen Bestimmung sei der Klägerin auf Grund der notwendigen 75 %-Mehrheit nicht möglich. Darüber hinaus wurde vorgetragen, der zu versteuernde Gewinn habe nicht dem tatsächlichen (kaufmännischen) Gewinn entsprochen. Auf den Geschäftsanteil der Klägerin entfalle tatsächlich kein Gewinn, sondern ein Jahresfehlbetrag in Höhe von -2.393,07 €. Tatsächlich zugeflossen seien der Klägerin lediglich Zinsen für ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 14.568,04 €. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.2009 wies die Beklagte zu 1) - auch im Namen der Beklagten zu 2) - den Widerspruch zurück. Maßgeblich seien die im Einkommenssteuerbescheid ausgewiesenen Beträge. Das Beitragsrecht folge dem Steuerrecht. Eine Änderung der Beit...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?