Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit einer hilfsweise für den Fall der Nichtstatthaftigkeit der gleichzeitig eingelegten Berufung erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde

 

Leitsatz (amtlich)

Eine hilfsweise - für den Fall der Nichtstatthaftigkeit der gleichzeitig eingelegten Berufung - erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil es sich bei dieser Bedingung nicht um eine bloße unschädliche Bezeichnung eines innerprozessualen Bedingungsverhältnisses handelt (vgl BFH vom 27.11.2007 - IX R 66/07).

 

Orientierungssatz

Für die Frage, welches Rechtsmittel der Kläger eingelegt und ob er dieses unter eine Bedingung gestellt hat, kommt es gem § 106 Abs 1 SGG und § 133 BGB zunächst auf den wirklichen Willen und auf das erkennbare Prozessziel des Klägers an. Entscheidend ist, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat. Dabei ist der Rechtsmittelführer nicht allein am Wortlaut festzuhalten.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch in der Berufungsinstanz nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger - neben bereits übernommener Kosten in Höhe von 642,60 € - weitere 642,60 € (mithin also insgesamt 1.285,20 €) als Kosten des Widerspruchsverfahrens nach § 63 SGB X zu erstatten hat.

Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 13.11.2006 eine zeitlich befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.10.2007. Mit seinem Widerspruch vom 07.12.2006 wandte sich der Kläger gegen die zeitliche Befristung der Rente. Nach Vorlage eines Befundberichts der Universitäts-Augenklinik F. vom 26.07.2007 holte die Beklagte ein augenärztliches Gutachten ein und gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 21.01.2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer.

Mit Schreiben vom 28.01.2008 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Erstattung von Kosten für die Vertretung im Vorverfahren in Höhe von insgesamt 1285,20 €. Diesen Betrag errechnete er unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 Vergütungsverzeichnis (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Höhe von 520,00 €, einer Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG in Höhe von 520,00 €, einer Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 40,00 € sowie der sich hieraus ergebenden Umsatzsteuer.

Die Beklagte setzte den Betrag der von ihr zu erstattenden Kosten mit Bescheid vom 31.01.2008 auf insgesamt 642,60 € fest. Diesem Betrag legte sie eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG in Höhe von 520,00 €, eine Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 € sowie die sich hieraus ergebende Umsatzsteuer zugrunde. Die geltend gemachte Einigungs- oder Erledigungsgebühr könne nicht übernommen werden. Denn diese erfordere eine besondere Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung der Streitsache, wofür die bloße Vornahme von Verfahrenshandlungen nicht ausreiche. Als Auslagenpauschale könnten auch nur 20,00 € gefordert werden.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und führte aus, es habe überdurchschnittlich hohe Bemühungen gegeben, um die Sache schnell, reibungslos und unstreitig zu erledigen, weshalb die Beklagte die geltend gemachte Erledigungsgebühr anerkennen müsse.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.05.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Voraussetzung für die Geltendmachung der Erledigungsgebühr seien Aktivitäten des Prozessbevollmächtigten, die über die Einlegung und Begründung eines Widerspruchs hinausgingen. Eine solche Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten habe nicht vorgelegen.

Am 26.05.2008 hat der Kläger unter Fortführung seines Begehrens beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Mit Schriftsatz vom 28.06.2011, beim SG eingegangen am 01.07.2011, hat der Kläger folgenden Antrag gestellt: “Es wird beantragt, den Bescheid vom 31.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2008 abzuändern und die Beklagte dazu zu verurteilen, Kosten zu erstatten, die mit Kostennote vom 28.01.2008, dh in Differenz von 1.285,20 € zu 642,60 € erstatteten Euro.„

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 30.06.2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, der Anfall einer Gebühr nach Nr. 1005 VV RVG für die Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten setze nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die aktive Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung voraus. Der Rechtsanwalt müsse eine besondere, auf die Beilegung der Sache ohne Entscheidung abzielende, über die bereits mit der Geschäftsgebühr abgegoltenen Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinausgehende Tätigkeit entfaltet haben. Eine derartige Tätigkeit sei jedoch nicht ersichtlich. Die Vorlage des Befundberichts des Universitätsklinikums F. vom 26.07.2007 könne nicht als besondere, über die gebotene Begründung des Widerspruchs hinausgehende, auf die Erledigung ohne Entscheidung gerichtete Handlung gewertet werden. E...

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