Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Pflegepersonaluntergrenze. pauschalierte, fachabteilungsbezogene Festlegung von pflegesensitiven Bereichen nach § 3 Abs 2 Nr 1 PpUGV 2021 mit pauschalierten Pflegepersonaluntergrenzen nach § 6 Abs 1 PpUGV 2021. Verstoß gegen höherrangiges Recht. keine Übereinstimmung mit Sinn und Zweck des § 137i SGB 5
Leitsatz (amtlich)
Das Gesetz gibt in § 137i Abs 1 S 3 SGB V (eingefügt durch das Pflegepersonalstärkungsgesetz vom 11.12.2018) zwingend vor, dass für jeden pflegesensitiven Bereich im Krankenhaus die Pflegepersonaluntergrenzen differenziert nach Schweregradgruppen nach dem jeweiligen Pflegeaufwand, der sich nach dem von der InEK entwickelten, jährlich zu aktualisierenden Katalog zur Risikoadjustierung für Pflegeaufwand (sog Pflegelast-Katalog) bestimmt, festzulegen "sind". Die allein pauschalierte, fachabteilungsbezogene Festlegung von pflegesensitiven Bereichen, wie sie § 3 Abs 2 Nr 1 PpUGV in der Fassung vom 9.11.2020 (juris: PpUGV 2021) vorsieht, verstößt in Zusammenschau mit der nach § 6 Abs 1 PpUGV ebenfalls pauschalierten Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen gegen höherrangiges Recht.
Orientierungssatz
Die fachabteilungsbezogene Festlegung von pflegesensitiven Bereichen mit pauschalierten Pflegepersonaluntergrenzen entspricht auch nicht Sinn und Zweck des § 137i SGB 5.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.10.2022 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird endgültig auf 5.000 € festgesetzt.
Tatbestand
Im Streit steht die Feststellung der pflegesensitiven Bereiche des klägerischen Krankenhauses für das Jahr 2021.
Die Klägerin ist Rechtsträgerin der R1Klinik, eines Plankrankenhauses, welches zuletzt durch Feststellungsbescheid des Regierungspräsidiums K1 vom 31.01.2011 in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg aufgenommen worden ist. Krankenhausplanerisch anerkannte Fachgebiete des Krankenhauses sind die Chirurgie sowie die Neurologie. Die in dem Feststellungsbescheid anerkannten bedarfsgerechten Betten und Plätze werden mit einer Anzahl von 70 angegeben. Ausweislich des Feststellungsbescheides kommt dem Krankenhaus ein besonderer Versorgungsauftrag insoweit zu, als in Bezug auf die krankenhausplanerischen Festlegungen zum Fachgebiet Chirurgie der Versorgungsauftrag auf konservative Behandlungen im Bereich der Facharztkompetenz Orthopädie und Unfallchirurgie eingeschränkt wird.
Das in der Rechtsform einer GmbH geführte, beklagte Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus stellte mit Schreiben vom 12.11.2020 auf Grundlage der Verordnung zur Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern (Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung - PpUGV) einen pflegesensitiven Bereich im Krankenhaus der Klägerin im Fachgebiet der Neurologie für das Kalenderjahr 2021 fest. Die Feststellung beruhte ausschließlich auf der Ausweisung einer Fachabteilung für Neurologie nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 PpUGV. Nach den weiteren in der Verordnung vorgesehenen Kriterien, insbesondere zu den sog. Indikatoren-DRGs erfolgte keine Feststellung eines pflegesensitiven Bereichs.
Mit Schriftsatz vom 22.04.2021 erhob die Klägerin umfassend Einwendungen. Sie wies darauf hin, dass die in einer typischen neurologischen Fachabteilung eines Krankenhauses anzutreffenden Krankheitsbildern der Neurologie (Hirninfarkt, Epilepsie, Entzündungen des Nervensystems) von ihrem Krankenhaus nicht behandelt würden. Hohe Fallzahlen pflegeintensiver Prozeduren wie beispielsweise bei der neurologischen Komplexbehandlung seien überhaupt nicht anzutreffen. Auf der Grundlage der Pflegepersonal-Regelungen (PPR-Werte) sei eine Zuordnung der Krankheitsbilder, die in ihrem Krankenhaus versorgt würden, ganz überwiegend lediglich in dem Bereich pflegerischen Grundversorgung (A 1) erfolgt. Zu keinem Zeitpunkt sei in den letzten Jahren ein Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) nach dem PKMS (Pflege-Komplex-Maßnahmen-Score) abgerechnet worden. Allerdings habe sich im Rahmen der beklagtenseitigen Kalkulation in der Vergangenheit neben einem vergleichsweise sehr geringen Pflegekostenanteil ein hoher Therapiekostenanteil ergeben. Auf diese Besonderheit habe auch schon ein Mitarbeiter der Beklagten, Herr G1, in der Vergangenheit hingewiesen. Auch eine Darlegung auf Basis der Indikatoren-DRGs, deren Einschlägigkeit für einen pflegesensitiven Bereich im Fachgebiet der Neurologie sprechen könnte, sei eindeutig. Diese Fallpauschalen würden in dem Krankenhaus der Klägerin lediglich zu einem sehr geringen Anteil abgerechnet.
Nach Prüfung der vorgetragenen Einwände teilte die Beklagte mit Schreiben vom 06.05.2021 mit, dass es bei der Festlegung des pflegesensitiven Bereichs Neurologie bleibe. Der pflegesensitive Bereich im Fachgebiet der Neurologie sei auf Basis der Datenübermittlung nach § 21 Krankenhausentgeltgesetz (KHEn...