Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Bestattungskosten. Unzumutbarkeit der Kostentragung. Bedürftigkeit. Nichtoffenlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Grenzen der Aufklärungspflicht des Gerichts. mehrere Kostentragungspflichtige. Absehen von der Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen
Leitsatz (amtlich)
1. Kommt der Kläger seiner Mitwirkungsobliegenheit im gerichtlichen Verfahren betreffend seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die für die Beurteilung der (Un-)Zumutbarkeit iS des § 74 SGB XII maßgeblich sind, nicht nach, so besteht kein Anlass, die in seiner Sphäre wurzelnden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse weiter aufzuklären.
2. Ein Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten gem § 74 SGB XII kann ausnahmsweise dann ausgeschlossen sein, wenn sich der Anspruchsteller generell eigenen Bemühungen verschließt und Ansprüche ohne weiteres realisierbar sind (vorliegend bejaht).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. November 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Übernahme weiterer Kosten für die Bestattung der am 26. Mai 2012 verstorbenen Mutter der Klägerin E. K. (E. K.).
Die 1928 geborene, verwitwete E. K., Mutter der Klägerin sowie des E. K. (K.), der U. C. (C.) und des P. V. (V.), bezog bis zu ihrem Tod durch den Beklagten im Hinblick auf ihren Aufenthalt im Seniorenhaus “A. P.„ in E. Hilfe zur vollstationären Pflege nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII). Am 26. Mai 2012 verstarb E. K. in der Pflegeeinrichtung und wurde am 2012 in E. bestattet.
Ausweislich der Mitteilung des Notariats I E. schlugen alle Erben die Erbschaft aus. Das Konto der E. K. wies am Sterbetag ein Guthaben in Höhe von 121,56 € auf. Weiterhin verfügte diese über eine Sterbegeldversicherung bei der R. Versicherung, die nach ihrem Tode Leistungen in Höhe von 2.443,00 € zur Auszahlung brachte, sowie über ein Geschäftsguthaben bei der Baugenossenschaft E. in Höhe von 160,00 €.
Am 15. Juni 2012 beantragte die 1957 geborene, verwitwete Klägerin bei dem Beklagten die Übernahme der Kosten für die Bestattung der E. K., weil sie aus ihrer Beschäftigung als Alltagsbetreuerin für Demenzerkrankte ein zu niedriges Einkommen erziele. Sie reichte Verdienstbescheinigungen für März bis Mai 2012 jeweils über einen Bruttoverdienst in Höhe von 1.071,29 € und einen Nettoverdienst von 859,25 € (Bl. B3 der Verwaltungsakten), einen Gebührenbescheid der Stadt E. für Friedhofs- und Bestattungskosten vom 11. Juni 2012 in Höhe von insgesamt 2.702,00 €, fällig am 14. Juli 2012 (Bl. B5 der Verwaltungsakten), eine Rechnung der Firma Z. Bestattungen vom 31. Mai 2012 über 2.131,15 €, zahlbar innerhalb von zehn Tagen (Bl. B6 der Verwaltungsakten), und der Firma B. G. vom 4. Juni 2012 über 987,70 € (Bl. B8 der Verwaltungsakten) bei dem Beklagten ein. Die Rechnungen des Bestatters und des Steinmetzen sind mittlerweile vollständig bezahlt.
Am 5. Juli 2012 wurde dem Konto der Klägerin seitens der D. R. eine Nachzahlung der Witwenrente in Höhe von 1.228,35 € gutgeschrieben. Für die Zeit ab Juli 2012 erhält sie eine monatliche Witwenrente in Höhe von ca. 205,00 €.
Mit Bescheid vom 17. April 2013 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme der Kosten der Bestattung der E. K. ab, weil die Erben die gesamten Bestattungskosten begleichen könnten. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein (Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 13. Mai 2013). Zur Begründung führte sie aus (Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 25. Mai 2014), dass der Nachlass der E. K. überschuldet sei. Sie sei auch nicht in der Lage, die Bestattungskosten aus eigenem Einkommen bzw. Vermögen aufzubringen. Der Beklagte gab mit Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 2014 dem Widerspruch teilweise statt, bewilligte 774,07 € als Bestattungskosten und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Dabei berücksichtigte er Aufwendungen anlässlich der Bestattung in Höhe von insgesamt 5.820,85 € (2.131,15 € Bestattungen Z. + 2.702,00 € Stadt E. + 987,70 € B. G.), setzte davon den vorhandenen Nachlass in Höhe von 2.724,56 € (2.443,00 € Kapitalversicherung R + V + 62,05 € Girokontoguthaben + 59,51 € Geschäftsanteil + 160,00 € Geschäftsguthaben Familienheim E.) ab und übernahm ein Viertel der verbleibenden Bestattungskosten (3.096,29 x ¼ = 774,07 €). Vorrangig seien Einkommen und Vermögen einzusetzen und sämtliche vorrangigen Ansprüche zu verwirklichen.
Dagegen hat die Klägerin am 13. März 2014 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Sie müsse sich nicht auf Ausgleichsansprüche gegen ihre Geschwister verweisen lassen. Ihre Geschwister seien nicht bereit, sich freiwillig an den noch offenen Bestattungskosten zu beteiligen. Über deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei ihr - der Klägerin - nichts bekannt. Ihr sei es nicht zumutbar, gegen ihre Geschwister gerichtlich vorzugehen. Das Verhältnis zwischen de...