Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe in anderen Lebenslagen. Bestattungskosten. Kostentragungspflicht. öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht. nachrangig Verpflichteter
Leitsatz (amtlich)
Nur der nach Bestattungsrecht vorrangig Bestattungspflichtige ist zur Tragung der Bestattungskosten iS des § 74 SGB 12 verpflichtet, nicht jedoch der lediglich nachrangig Verpflichtete.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 30. November 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Im Streit ist die Zahlung von Kosten für die Bestattung des Sohnes der Klägerin.
Der 1966 geborene B., der Sohn der Klägerin, verstarb zwischen 2009, 16.30 Uhr und dem 2009, 14.35 Uhr in H. (Sterbeurkunde). Zu diesem Zeitpunkt bezog er keine Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII). Er war ledig und hinterließ einen Sohn, D., geboren am 1990, sowie einen weiteren Sohn, D., geboren am 2002.
Die am 1935 geborene Klägerin ist geschieden, verfügt über kein Vermögen und bezieht neben einer Altersrente (bis Juni 2009 259,66 €, ab Juli 2009 266,82 €) Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII durch die Beklagte. Im Februar 2009 entstanden der Klägerin anerkannte Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 372,94 €, ab März 2009 341,94 €.
Am 26. Februar 2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten der Bestattung des B.
Die Firma K. berechnete der Klägerin für die Bestattung des B. Kosten von 1188,81 €; hinsichtlich der Einzelheiten der Rechnung vom 13. März 2009 wird auf Blatt 8/5 der Verwaltungsakten Bezug genommen. Die Ärzte liquidierten für die Leichenschau bei B. 115,12 € (Rechnung vom 23. Februar 2009, Bl. 8/4 der Verwaltungsakten). Die Stadt H. erließ am 11. März 2009 gegenüber der Klägerin einen Gebührenbescheid für Friedhofs- und Bestattungskosten in Höhe von insgesamt 672,59 €, fällig am 13. April 2009 (Einäscherungsgebühr 310,59 €; Urnenbeisetzung 217 €, Benutzung der Leichenhalle 125 €, Feuerbestattungserlaubnis 20 €).
Auf Anfrage der Beklagten teilte das Notariat H. - Nachlassgericht - mit Schreiben vom 27. April 2009 mit, dass die Söhne des B. dessen gesetzliche Erben sind und für den minderjährigen Erben D. dessen Mutter die Erbschaft ausgeschlagen hat.
Mit Bescheid vom 20. Mai 2009 lehnte die Beklagte die Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII ab. Die Verpflichtung zur Veranlassung der Bestattung richte sich nach §§ 31 Abs. 1, 21 Abs. 1 und 3 Bestattungsgesetz Baden-Württemberg (BestattG BW). Hiernach sei der Sohn des B. als volljähriges Kind zur Veranlassung der Bestattung verpflichtet gewesen. Die Klägerin habe als Mutter aus sittlicher Verpflichtung als Geschäftsführung ohne Auftrag die Bestattung ihres verstorbenen Sohnes veranlasst. Nach Mitteilung des Notariats H. komme der volljährige Sohn als Erbe des B. in Betracht. Dies habe zur Folge, dass die Klägerin nicht als Erbin zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet sei. Eine Kostentragungspflicht als unterhaltspflichtige Mutter komme nicht in Betracht, da die Klägerin laufend Grundsicherungsleistungen erhalte. Eine vorrangige Verpflichtung zur Bestattung nach dem BestattG BW treffe den volljährigen Enkel als volljähriges Kind des Verstorbenen.
Gegen den ihr am 18. Juni 2009 persönlich ausgehändigten Bescheid legte die Klägerin durch Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten am 06. Juli 2009 Widerspruch ein und machte geltend, dass sie entsprechend dem Wunsch des B. und der Mutter der beiden Enkelsöhne keinerlei Kontakt zu diesen gehabt und im Zeitpunkt des Todes des B. nicht über deren Adresse verfügt habe. Sie habe sich nicht anders verhalten können, als das Bestattungsinstitut K. mit der Beerdigung ihres Sohnes zu beauftragen. Die Beklagte wies den klägerischen Widerspruch mit Widerspruchbescheid vom 30. November 2009 als unbegründet zurück. Der volljährige Sohn des B. D. sei als Erbe, Unterhaltspflichtiger und auch nach dem Bestattungsgesetz vorrangig Verpflichteter im Sinne des § 74 SGB XII. Ein Anspruch der Klägerin nach § 74 SGB XII scheide damit aus.
Gegen den ihren Bevollmächtigten am 02. Dezember 2009 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 30. Dezember 2009 Klage zum Sozialgericht (SG) erhoben. Die im BestattG BW vorgesehene Reihenfolge (Ehegatte, volljährige Kinder, Eltern, Großeltern) könne nicht herangezogen werden, um der Klägerin den Anspruch gemäß § 74 SGB XII auf übernommene Bestattungskosten abzusprechen. Alle im BestattG BW genannten Personen seien zur Durchführung der Beerdigung verpflichtet, mithin auch die Klägerin als Mutter des B. Es sei erforderlich gewesen, dass die Klägerin am 22. Februar 2009 sofort selbst die Beerdigung in Auftrag gegeben habe. Es sei der Klägerin nicht zuzumuten gewesen, sich zunächst auf die Suche nach dem ihr völlig unbekannten Enkelsohn zu begeben. Es habe keinerlei Kontakt zu D. gegeben. Auch habe sie keinen Einb...