Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsverwaltungsakt. Rechtmäßigkeit auferlegter Obliegenheitspflichten zur Erreichbarkeit. Wiederholung des Gesetzestextes des § 7 Abs 4a SGB 2. verfassungskonforme Auslegung
Orientierungssatz
In einem Eingliederungsverwaltungsakt gem § 15 Abs 1 S 6 SGB 2 auferlegte Obliegenheitspflichten, die lediglich die gesetzlichen Regelungen des § 7 Abs 4a S 1 SGB 2 zur Anwesenheit im orts- und zeitnahen Bereich wiederholen, unterliegen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 9. April 2014 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes vom 07.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2013 streitig.
Der 1958 geborene Kläger ist als selbständiger Rechtsanwalt tätig und bezieht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der Beklagte erließ den Eingliederungs-Verwaltungsakt vom 14.03.2013 für die Zeit vom 14.03.2013 bis zum 30.09.2013, in dem er dem Kläger unter anderem auferlegte, die Aufnahme eines Praktikums mitzuteilen sowie sich innerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches aufzuhalten und sicherzustellen, dass er persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift durch Briefpost erreichbar sei. Den hiergegen am 15.04.2013 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2013 zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 17.05.2013 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Mit Gerichtsbescheid vom 06.05.2014 wies das SG die diese unter dem Aktenzeichen S 20 AS 2285/13 geführte Klage ab. Hiergegen legte der Kläger am 10.06.2014 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg ein. Über diese unter dem Aktenzeichen L 3 AS 2503/14 geführte Berufung wurde mit Urteil vom heutigen Tag entschieden.
Mit weiterem Eingliederungs-Verwaltungsakt vom 07.10.2013 führte der Beklagte aus, eine Eingliederungsvereinbarung über die zur beruflichen Eingliederung erforderlichen Leistungen sei nicht zustande gekommen. Um die beruflichen Integrationschancen möglichst kurzfristig zu verbessern, werde der Kläger für die Zeit vom 07.10.2013 bis zum 07.04.2014, soweit zwischenzeitlich nichts anderes vereinbart werde, verpflichtet, alle Möglichkeiten zu nutzen, um den eigenen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten. Dem Kläger wurde unter anderem auferlegt, sich innerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches aufzuhalten und sicherzustellen, dass er persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift durch Briefpost erreichbar sei. Zum zeit- und ortsnahen Bereich gehörten für ihn alle Orte in der Umgebung seines Grundsicherungsträgers, von denen aus er in der Lage sei, Vorsprachen täglich wahrzunehmen. Ferner sei der Kläger verpflichtet, Änderungen unverzüglich mitzuteilen und bei einer Ortsabwesenheit vorab die Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners einzuholen. Bei einer nicht genehmigten Ortsabwesenheit entfalle der Anspruch auf Arbeitslosengeld II.
Hiergegen legte der Kläger am 07.11.2013 Widerspruch ein. Er führte zur Begründung aus, die Anordnung, er habe eine Ortsabwesenheit genehmigen zu lassen, sei rechtswidrig. Sie verstoße gegen grundlegende, im Grundgesetz (GG) verbriefte Freiheitsrechte. Die Bewegungsfreiheit des Menschen über seinen Nahbereich hinaus sei eine elementare Äußerungsform der menschlichen Handlungsfreiheit. Die Gründe, die zur Einschränkung dieser Bewegungsfreiheit vorgebracht würden, müssten deshalb gegen den grundsätzlichen Freiheitsanspruch des Bürgers abgewogen werden. Dieser Abwägung hielten weder der angegangene Verwaltungsakt, noch die Normen, auf welche sich die Anordnung stütze, stand. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.11.2013 zurück. Es wurde ausgeführt, der Kläger habe sich im Rahmen einer am 07.10.2013 erfolgten persönlichen Vorsprache zur Unterzeichnung einer Eingliederungsvereinbarung nicht bereit erklärt. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II seien mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für ihre Eingliederung erforderlichen Leistungen zu vereinbaren. Komme eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, sollten nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II die Regelungen durch Verwaltungsakt erfolgen. Daher sei es rechtlich nicht zu beanstanden, die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt zu erlassen. In dem Eingliederungs-Verwaltungsakt seien unter anderem die Bemühungen des Klägers festgelegt und Mitteilungspflichten dargelegt worden. Ihm sei unter anderem mitgeteilt worden, dass er bei Ortsabwesenheit vorab die Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners einholen müsse. Di...