Entscheidungsstichwort (Thema)
Neuberechnung einer vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Anspruch genommenen Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund einer Überschreitung des kalenderjährlichen Hinzuverdienstes. Aufhebung nach § 34 Abs 3f SGB 6 idF vom 8.12.2016. objektiv unzutreffende Prognose
Orientierungssatz
Einer Aufhebung nach § 34 Abs 3f SGB 6 idF vom 8.12.2016 steht es nicht entgegen, dass eine dem aufzuhebenden Bescheid zugrunde liegende Prognose des Hinzuverdienstes objektiv unzutreffend war, weil bei Erlass des Bescheides bereits verfügbare Erkenntnisse außer Acht gelassen worden sind.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 21. Juli 2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht die Erstattung von Altersrente für langjährig Versicherte für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis 31. August 2018 in Höhe von 7.404,68 EUR wegen der Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze im Streit.
Mit Bescheid vom 16. Februar 2017 bewilligte die Beklagte dem 1954 geborenen Kläger für die Zeit ab dem 1. März 2017 eine Altersrente für langjährig Versicherte als Vollrente mit einem monatlichen Zahlbetrag in Höhe von 1.564,57 EUR.
Am 15. März 2017 nahm der Kläger eine unbefristete Tätigkeit als Softwareentwickler auf, was er der Beklagten nach Aufforderung am 1. Juli 2017 mitteilte. Am 16. Juli 2017 reichte der Kläger sodann die Erklärung zum Hinzuverdienst (Formular R0230) ein und gab an, dass er ab April 2017 ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 3.750,00 EUR erzielt habe. Im März 2017 habe er das Gehalt anteilig erhalten.
In der Zeit vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 erzielte der Kläger aus der Tätigkeit ein Einkommen in Höhe von 45.000 EUR brutto.
Mit Rentenbescheid vom 28. August 2018 berechnete die Beklagte sodann die Rente des Klägers für die Zeit ab dem 1. Juli 2017 neu und hob den Bescheid vom 16. Februar 2017 für die Zeit vom 1. Juli 2017 bis zum 31. Dezember 2017 auf. Für die Zeit ab dem 1. September 2018 stehe dem Kläger die Rente wegen der Höhe des Hinzuverdienstes als Teilrente mit einem monatlichen Zahlbetrag in Höhe von 520,11 EUR zu. Die Überzahlung betrage für die Zeit vom 1. Juli 2017 bis 31. August 2018 5.103,20 EUR, die überzahlten Leistungen seien zu erstatten. Die Rente werde neu berechnet, weil für das Jahr 2017 der tatsächliche Hinzuverdienst, für die Zeit ab dem 1. Januar 2018 kein Hinzuverdienst und für die Zeit ab dem 1. September 2018 ein geänderter Hinzuverdienst berücksichtigt werde. Für die Zeit vom 1. März 2017 bis 30. Juni 2017 verbleibe es bei der mit Bescheid vom 16. Februar 2017 festgestellten Vollrente, da eine Bescheidrücknahme aus Fristgründen nicht mehr möglich sei. Für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis zum 31. August 2018 verbleibe es ebenfalls zunächst bei einer Vollrente, da bei der Vorgabe einer Prognose des Hinzuverdienstes keine Überzahlung entstehen dürfe. Sofern die tatsächlichen Entgelte für diese Zeit vom Arbeitgeber gemeldet würden, werde die tatsächlich zustehende Teilrente mit einem Bescheid festgestellt.
Mit weiterem Bescheid vom 11. Juni 2019 berechnete die Beklagte die Altersrente des Klägers für die Zeit ab dem 1. Januar 2018 neu, stellte zugleich eine Überzahlung für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis 30. Juni 2019 in Höhe von 7.404,68 EUR fest und forderte die überzahlten Leistungen von dem Kläger zurück. Ab dem 1. Juli 2019 betrage der monatliche Zahlbetrag der Rente 861,57 EUR.
Hiergegen erhob der Kläger am 26. Juni 2019 Widerspruch. Es sei fraglich, auf welche Rechtsgrundlage die Rückforderung gestützt werde. Eine Aufhebung der vorangegangenen Bescheide sei nicht erfolgt, welche aber zwingende Voraussetzung sei. Dies gelte umso mehr, weil sowohl mit Bescheid vom 28. August 2018 als auch mit Bescheid vom 11. Juni 2019 Rückforderungen für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis 31. August 2018 geltend gemacht würden, so dass der Zeitraum gegenwärtig mit zwei unterschiedlichen Bescheiden geregelt sei. Als Rechtsgrundlage komme weder § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) noch § 45 SGB X in Betracht. Für die Anwendung des § 48 SGB X fehle es an einer Änderung der Verhältnisse, hinsichtlich § 45 SGB X könne er sich auf Vertrauensschutz berufen. Anscheinend sei mit dem Bescheid vom 28. August 2018 Einkommen nur bis zum 31. Dezember 2017 berücksichtigt worden, nicht aber ab dem 1. Januar 2018. Die Gründe hierfür seien nicht ersichtlich, jedenfalls beruhe dieses Vorgehen nicht auf seinen Angaben. Es werde zudem ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hingewiesen, wonach im Rahmen der Ermessensausübung ein Mitverschulden der Behörden zu berücksichtigen sei.
Mit Bescheid vom 19. September 2019 ergänzte die Beklagte daraufhin den Bescheid vom 11. Juni 2019 und hob den Bescheid vom 28. August 201...