Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Bestattungskosten. Unzumutbarkeit der Kostentragung. Nichtberücksichtigung von Pflegegeld nach § 37 SGB 11
Leitsatz (amtlich)
Pflegegeld nach § 37 SGB XI ist im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung bei der Übernahme von Bestattungskosten nach § 74 SGB XII aufgrund der besonderen Zweckbindung des Pflegegeldes nicht als Vermögen zu berücksichtigen.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. November 2018 aufgehoben und der Beklagte in Abänderung des Bescheides vom 24. Oktober 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2018 verurteilt, der Klägerin weitere Bestattungskosten in Höhe von 1.422,50 € zu erstatten.
Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin macht die Übernahme von Bestattungskosten durch den Beklagten gemäß § 74 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) geltend.
Die Klägerin bezieht vom Beklagten laufende Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel SGB XII. Am 19. Juni 2017 verstarb der Ehegatte der Klägerin, den diese zuvor gepflegt hatte. Die Klägerin und ihre Tochter wurden je zur Hälfte Miterben. An Bestattungskosten fielen 4.065,00 € (Bescheid der Stadt K. vom 7. August 2017) sowie weitere 2.771,00 € (zwei Rechnungen der Firma R. Bestattungen vom 3. Juli 2017) an. Die Rechnungen sind jeweils an die Tochter der Klägerin gerichtet, die die Verhandlungen mit dem Beerdigungsinstitut übernommen hatte, wurden allerdings zur Hälfte von der Klägerin bezahlt.
Auf Antrag der Klägerin vom 14. August 2017 (Bl. 625 Verwaltungsakte - VA -) auf Übernahme der Bestattungskosten gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 24. Oktober 2017 147,30 €. Bei der Berechnung waren die vorgelegten Rechnungen in mehreren Positionen gekürzt worden, so war u.a. nur das Nutzungsrecht für ein Normalgrab (904,00 €) anstelle eines zweistelligen Wahlgrabes (2.760,00 €) anerkannt worden, ferner die Höhe für die Kosten des Sarges gekürzt worden (700,00 € anstelle 1.890,00 €) wie auch die Kosten für das Erledigen der Papiere für das Standesamt (72,00 €) sowie einer 300,00 €-Pauschale (für die Ausführung der Bestattung inklusive Beratung, Organisation usw.). Bei dem zu berücksichtigenden Vermögen wurde unter anderem die Pflegegeldzahlung sowie der auf den Verstorbenen entfallende Anteil an der Mietkaution der bewohnten Wohnung und des Guthabens auf dem Girokonto zugrunde gelegt.
Die Klägerin hatte die Hälfte der Kosten geltend gemacht, die andere Hälfte hatte die Tochter übernommen.
Gegen den Bescheid vom 24. Oktober 2017 erhob die Klägerin Widerspruch und wandte sich gegen den Abzug der Pauschale von 300,00 €, da darin auch die notwendige Organisation der Bestattung beinhaltet sei. Ferner wandte sie sich dagegen, dass von der Pflegekasse am 19. Juni 2017 überwiesenes Pflegegeld für Pflege des Verstorbenen im Zeitraum März bis Juni 2017 in Höhe von 2.912,00 € als Vermögen bei ihr berücksichtigt worden sei. Es handele sich hierbei um eine zweckbestimmte Einnahme, die nicht berücksichtigungsfähig sei. Ferner vertrat die Klägerin die Ansicht, dass die zur Hälfte als Vermögen berücksichtigte Mietkaution (377,50 €) nicht verwertbares Vermögen sei bzw. der Einsatz für die Bestattung eine unzumutbare Härte darstelle.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2018 (Bl. 8 SG-Akte) wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 12. April 2018 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und ursprünglich weitere 1.796,75 € geltend gemacht. Zur Begründung hat sie ihre bisherigen Angaben wiederholt und vertieft. Nachdem sie zunächst die Ansicht vertreten hatte, das Pflegegeld sei aufgrund der Vorschrift des § 19 Abs. 6 SGB XII nicht anrechenbar, macht sie nunmehr geltend, dass ihr hinsichtlich des Pflegegeldes als Teil des Erbes nach der Zweckbestimmung der Leistung nicht zuzumuten sei, das Pflegegeld für die Kosten der Bestattung zu verwenden. Dies folge aus dem Rechtsgedanken des § 19 Abs. 6 SGB XII.
Im Rahmen eines Erörterungstermins am 1. August 2018 vor dem SG wurde auf Vorschlag des SG folgender Teilvergleich geschlossen:
1.
Der Beklagte gewährt weitere 456,50 €. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass damit die Berücksichtigungsfähigkeit der Mietkaution (377,50 €), des vom Beklagten vorgenommenen Abzugs von 300,00 € in der Rechnung des Bestattungsinstituts vom 3. Juli 2017 (Pauschale für Ausführung der Bestattung usw.; Berücksichtigung in Höhe von einem Viertel, damit 75,00 €) und der Übertragungsfehler bei der Berücksichtigung des Pflegegeldes (4,00 €) abschließend geregelt sind.
2.
Der verbliebene Rechtsstreit wird damit auf die Frage beschränkt, ob das am 19. Juni 2017 bezahlte Pflegegeld in Höhe von 2.912,00 € bei der Leistungshöhe Berücksichtigung finden kann. Die Klägerin machte daher noch weitere 1.422,50 € (Hälfte der von dem Beklagten berücksichtigten Bestatt...