Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkende Aufhebung eines Witwenrentenbescheides wegen unterbliebener Anrechnung einer Altersrente. Angabe der Versicherten über den Bezug der Witwenrente im Antrag auf Altersrente. keine erneute Mitteilung an den Rentenversicherungsträger über den Bezug der Altersrente. identischer Rentenversicherungsträger der Altersrente und der Witwenrente
Leitsatz (amtlich)
Es ist nicht grob fahrlässig, wenn die Versicherte, nachdem sie bei ihrem Antrag auf Altersrente die vom selben Rentenversicherungsträger bezogene Witwenrente angegeben hatte, nach Bewilligung der Altersrente diesen Bezug dem für die Witwenrente zuständigen Dezernat nicht mitteilt; denn es muss nicht jedem einleuchten, dass ein Rentenbezug vom selben Versicherungsträger diesem mitzuteilen ist und die in den Bescheiden erteilten Hinweise erfassen diesen Fall nicht.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.06.2017 wird zurückgewiesen.
Die Beklagten hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die rückwirkende Anrechnung von Altersrente auf Witwenrente für den Zeitraum vom 01.06.2003 bis 31.12.2014 und die Erstattung überzahlter Rente.
Die am … geborene Klägerin ist die Witwe des im Januar 2000 verstorbenen Versicherten. Auf ihren Antrag erhielt sie von der Beklagten mit Bescheid vom 23.02.2000 große Witwenrente ab dem 01.02.2000 in Höhe von anfangs monatlich 1.406,23 DM (brutto; Zahlbetrag: 1.295,85 DM) bewilligt. Mit Bescheid vom 24.03.2000 wurde die Rente „neu festgestellt“ und eine weitere Beitragszeit berücksichtigt. An den zuvor festgestellten Beträgen änderte sich nichts. In beiden Bescheiden wurde die Klägerin auf ihre Mitteilungspflichten hingewiesen und es wurde dargelegt „Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen können Einfluss auf die Rentenhöhe haben. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns den Bezug, das Hinzutreten oder die Veränderung von Erwerbseinkommen, das sind Arbeitsentgelt, Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit, vergleichbares Einkommen oder von Erwerbsersatzeinkommen unverzüglich mitzuteilen. Erwerbseinkommen sind, auch als Kapitalleistung oder Abfindung, folgende Leistungen: ... Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, ... Die Meldung von Veränderungen erübrigt sich bei Einkommen aus einer in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübten versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit oder bei Renten aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Der Bezug eines bisher noch nicht mitgeteilten Einkommens oder der spätere Hinzutritt von Einkommen ist immer mitzuteilen...“ Hinsichtlich des vollständigen Wortlauts wird auf die in den Verwaltungsakten des Versicherten enthaltenen Bescheide Bezug genommen.
Antragsgemäß erhielt die Klägerin von der Beklagten ab 01.06.2003 Altersrente. Der entsprechende Antrag existiert nicht mehr. Eine Mitteilung über diesen Bezug durch die Klägerin an die Beklagte unter der Versicherungsnummer des Verstorbenen, unter der die Witwenrente bewilligt wurde, erfolgte nicht. Auch eine bei der Beklagten für den Fall, dass beim Altersrentenantrag der Bezug einer anderen Rente angegeben wird, vorgesehene interne Speicherung mit der Folge einer Meldung der Bewilligung der Altersrente zum Vorgang der Witwenrente erfolgte aus nicht mehr klärbaren Gründen nicht. Im März 2007 wurde anlässlich der Änderung des Beitragssatzes zur Krankenversicherung ein Benachrichtigungsauftrag gespeichert (Bl. 209 Rückseite VA), allerdings mit dem unzutreffenden Grund „weiterer Rentenbezug ohne Abhängigkeit“, so dass (Bl. 63 LSG-Akte) gerade keine Benachrichtigung über die Zahlung der Altersrente ausgelöst wurde. Aus welchen Gründen im März 2007 eine solche Speicherung erfolgte, ist nicht klärbar (Bl. 62 Rückseite, Bl. 63 LSG-Akte). Diese Speicherung führte dann lediglich dazu, dass die Rentenanpassungsmitteilungen beider Renten zusammengefasst und in einem Brief an die Klägerin versandt wurden (Bl. 63 LSG-Akte; Bl. 69 SG-Akte). Bei zutreffender Verschlüsselung zum Übermittlungsgrund wäre eine maschinelle Datenübermittlung der Höhe der Altersrente in das Konto der Witwenrente erfolgt (Bl. 63 LSG-Akte).
Im November 2014 erhielt das für die Gewährung der Witwenrente zuständige Dezernat Kenntnis von der gezahlten Altersrente mit den entsprechenden Brutto- und Nettobeträgen. Zur Feststellung dieser Beträge für die einzelnen Zeitabschnitte wird auf Bl. 215 VA Bezug genommen (monatliche Bruttobeträge anfangs 963,57 €, zuletzt im streitigen Zeitraum 1.094,65 €). Die Beklagte berechnete zunächst mit Bescheid vom 24.11.2014 für die Zeit ab 01.01.2015 die große Witwenrente „neu“ und rechnete die bewilligte Altersrente (1.094,65 €) in Höhe von 78,82 € an, so dass sich der Bruttobetrag der Witwenrente von 833,14 € auf 754,31 € minderte, woraus sich ein Zahlbetrag in Höhe von 674,74 € ergab.
Nach Anhörung der Klägerin führte die Beklagte mit Bescheid vom 30.03.2015 eine Neuberechnu...