Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. Co-Trainer einer Fußballmannschaft. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur selbstständigen Tätigkeit eines Co-Trainers einer Fußballmannschaft.

 

Orientierungssatz

Eine gesetzliche Regel, dass im Zweifel eine versicherungspflichtige Beschäftigung anzunehmen ist, existiert nicht. Es ist daher nicht erlaubt, die unerlässliche Voraussetzung der abhängigen Beschäftigung gleichsam im Wege einer dem Grundsatz von der objektiven Beweislast entgegenstehenden Beweisregelung aus Gründen als gegeben zu unterstellen, die mit dem Tatbestand der Abhängigkeit nichts zu tun haben müssen (vgl BSG vom 24.10.1978 - 12 RK 58/76 = SozR 2200 § 1227 Nr 19).

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 31. Januar 2012 sowie der Bescheid der Beklagten vom 29. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2009 und in der Fassung des Bescheides vom 7. April 2010 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger bei dem Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2009 nicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Rechtszüge. Im Übrigen haben die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers in Bezug auf seine Tätigkeit als Co-Trainer beim Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2009.

Der Kläger ist am …1961 geboren, ehemaliger Fußballspieler in der 2. Bundesliga und Diplom-Sportlehrer. Er ist Inhaber des Freizeitcenters M. in F. mit Fitness- und Sportstätten sowie einem Gastronomiebereich. Im streitgegenständlichen Zeitraum war er auch der Geschäftsführer dieser Firma. Die Firma hat sieben Angestellte. Sein wöchentlicher Zeitaufwand für diese Firma lag nach seinen Angaben im streitgegenständlichen Zeitraum nie unter 30 Stunden. Er führte dort Kurse und Training durch, erstellte und kontrollierte Trainingspläne, koordinierte die Zusammenarbeit mit und Betreuung von anderen Vereinen, war im Thekenbereich tätig und leitete die Bürotätigkeiten. Saisonabhängig leitet der Kläger zudem eine Inlineskateschule, die im Jahre 2001 aus dem Freizeitcenter M. ausgegliedert worden war. Hierfür wendete er nach eigener Darstellung im streitgegenständlichen Zeitraum wöchentlich mindestens fünf bis sieben Stunden auf. Der Kläger erzielte laut Einkommensteuerbescheiden des Finanzamts B. U. Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Jahr 2008 in Höhe von € 12.426,00 und im Jahr 2009 in Höhe von € 1.319,00. Seit Juli 2009 ist er als Trainer bei der Turn- und Sportgemeinschaft 1899 H. beschäftigt und versteuert die dortigen Einnahmen als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Er übertrug im Zuge dessen die Geschäftsleitung des Freizeitcenters M. an zwei seiner Mitarbeiter.

Der Beigeladene zu 1) ist ein eingetragener (Sport-)Verein, dessen erste Fußballmannschaft im streitgegenständlichen Zeitraum in der Regionalliga Süd spielte. Mit notarieller Urkunde vom 19. Dezember 2008 spaltete der Beigeladene zu 1) seine Fußballabteilung ab und übertrug sie einschließlich sämtlicher Rechte und Pflichten aus Verträgen dem zugleich neugegründeten SSV U. . Fußball e.V. (im Folgenden Fußball e. V.). § 2 Abs. 2 des notariellen Spaltungsplans im Sinne des § 136 Umwandlungsgesetz (UmwG) verwies hinsichtlich der übertragenen bilanzierungsfähigen Wirtschaftsgüter auf die zum 30. Juni 2008, 24.00 Uhr/1. Juli 2008, 0.00 Uhr aufgestellte und geprüfte Schlussbilanz der Beigeladenen zu 1), die als Anlage III.1. der Urkunde beigefügt war. Nach § 3 Abs. 1 des Spaltungsplans gehen alle Arbeitsverhältnisse aller in der Fußballabteilung beschäftigten Arbeitnehmer, insbesondere Geschäftsführer-, Trainer- und Spielerverträge mit Wirksamwerden der Abspaltung mit allen Rechten und Pflichten auf den Fußball e.V. über, sofern die Arbeitnehmer dem Übergang nicht widersprechen. In Anlage II.2.1. (Liste der übertragenen Arbeitsverträge) ist unter anderem der Name des Klägers mit dem Zusatz “(kein Vertrag/selbst.?)„ aufgeführt. Nach § 5 Abs. 2 des Spaltungsplans ist die Abspaltung zur Neugründung wirksam ab dem 1. Juli 2008, 0.00 Uhr. Der Eintrag des Fußball e.V. in das Vereinsregister erfolgte am 9. März 2009.

Der Kläger war zwischen dem 1. Juli 2008 und dem 30. Juni 2009 als Trainer in der Fußballabteilung der Beigeladenen zu 1) bzw. des Fußball e.V. tätig. Ein vorbereiteter schriftlicher Vertragsentwurf wurde nicht unterschrieben. Der Vertragsentwurf enthält unter anderem folgende Regelungen:

§ 1 Vertragspartner

[Der Kläger] wird als selbständiger Sportlehrer mit folgenden Spezialaufgaben für die Fußballabteilung beauftragt:

- Erstellen von Trainingsplänen mit Wettkampfperiodisierung und inhaltlichen Schw...

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