Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Lehrerin an einer städtischen Musikschule (hier: im Fach Klavier/Keyboard) auf honorarvertraglicher Basis. Bindung an Rahmenlehrpläne. Vereinbarung eines selbstständigen Dienstverhältnisses. gelebtes Vertragsverhältnis. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung
Orientierungssatz
Zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung einer auf honorarvertraglicher Basis beschäftigten Lehrerin einer städtischen Musikschule unter Nutzung der dortigen Räume und vorhandenen Klaviere/Keyboards, deren Unterrichtsgrundlage die Rahmenlehrpläne des Verbandes deutscher Musikschulen war, die aber bezüglich der Unterrichtsart, der Unterrichtsmethode etc keinem strikten Weisungsrecht unterworfen war und an gesondert vergüteten Fachbereichs- und Gesamtkonferenzen teilzunehmen hatte.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Dezember 2017 sowie der Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. August 2015 aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit der Beigeladenen für die Klägerin in der Zeit vom 4. Oktober 2000 bis zum 31. Juli 2015 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Der Streitwert wird endgültig für beide Rechtszüge auf 5000 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beigeladene Musikschullehrerin in ihrer Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 4. Oktober 2000 bis zum 31. Juli 2015 aufgrund Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterlag.
Die klagende Stadt ist Trägerin der Musikschule H. Nach Angaben der Klägerin waren für sie bis zum Jahr 2015 38 angestellte Musiklehrer und 7 Honorarkräfte tätig. Grundlage des Unterrichts an der Musikschule seien die Lehrpläne des Verbandes deutscher Musikschulen e.V. (VdM).
Die Beigeladene ist Diplom-Musikschullehrerin und schloss mit der Klägerin ab dem Jahr 2000 Honorarverträge ab, wonach sie sich verpflichtete, Unterricht im Fach Klavier/Keyboard zu erteilen. Dem ersten Vertrag vom 4. Oktober 2000 (Bl. 76/77 SG-Akten) folgten die Verträge vom 10. Juni 2011 für die Zeit vom 1. September 2011 bis 31. August 2012 (Bl. 74/75 SG-Akten), vom 29. Juni 2012 für die Zeit vom 1. September 2012 bis 31. Juli 2013 (Bl. 72/73 SG-Akten), vom 10. Juni 2013 für die Zeit vom 1. September 2013 bis 31. Juli 2014 (Bl. 70/71 SG-Akten) und vom 28. Juli 2014 für die Zeit vom 15. September 2014 bis zum 31. Juli 2015 (Bl. 67/69 SG-Akten). Kennzeichnend für die Verträge war jeweils, dass ausdrücklich festgehalten wurde, dass ein Arbeitsverhältnis durch die Vereinbarung nicht begründet werde. Die Beigeladene habe die Tätigkeit persönlich auszuüben. Das Honorar wurde jeweils (ab dem Vertrag vom 10. Juni 2011) gestaffelt nach Einzelunterricht oder Gruppenunterricht pro Unterrichtsstunde (45 Minuten) festgelegt. Die auf das Honorar entfallende Einkommensteuer habe die Beigeladene selbst abzuführen und für Krankenversicherung und Altersvorsorgeversorgung selbst Sorge zu tragen. Eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wurde ausgeschlossen, ebenfalls ein Urlaubsanspruch. Die Beigeladene verpflichtete sich erstmals mit dem Vertrag vom 10. Juni 2011 mindestens einmal im Jahr Schülervorspiele durch Proben vorzubereiten und durchzuführen und an den Gesamtlehrerkonferenzen und Fachbereichskonferenzen jeweils zweimal im Jahr teilzunehmen. Für die Teilnahme an Konferenzen, Veranstaltungen und Proben wurde ein Honorar von 19 €, mit Vertrag vom 28. Juli 2014 mit 20 € pro 60 Minuten vergütet. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die zitierten Verträge Bezug genommen.
Am 26. Mai 2014 beantragte die Beigeladene die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Die Beigeladene teilte auf Anfrage der Beklagten unter anderem schriftlich mit, der Unterricht finde zu festen Zeiten in den Räumen der Musikschule H. statt. Bei großen Musikveranstaltungen sei sie, wie sie meine, in gleicher Weise wie die angestellten Kollegen tätig. Für den Fall, dass ein Schüler den Unterricht nicht besuche, erhalte sie ein Ausfallhonorar. Auf Frage, ob Unterrichtsmaterialien zur Verfügung gestellt würden, hat die Beigeladene mitgeteilt, es würden die Räume und teilweise die Instrumente (Klaviere, Keyboard, Hocker) zur Verfügung gestellt.
Die Klägerin äußerte sich u.a. dahingehend, bei Unterrichtsausfall wegen Verhinderung der Honorarkraft könnte diese den Unterricht nachholen, eine Verpflichtung bestehe hierzu jedoch nicht. Die Beigeladene arbeite bei Veranstaltungen nicht mit fest angestellten Mitarbeitern zusammen. Sofern sie freiwillig daran teilnehme, könne sie Schüler b...