Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderung des Arbeitslosengeldes. verspätete Meldung. frühzeitige Arbeitssuche. befristetes Arbeitsverhältnis

 

Orientierungssatz

§ 37b SGB 3 findet bei Arbeitsverhältnissen, die auf weniger als 3 Monate befristet sind, keine Anwendung.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 20.10.2005; Aktenzeichen B 7a AL 28/05 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26. Juli 2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 19. Januar 2004 und 1. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2004 verurteilt wird, dem Kläger Arbeitslosenhilfe ohne Minderung zu gewähren.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der am geborene Kläger wendet sich gegen die Minderung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend.

Der Kläger bezog vom Arbeitsamt U. (AA) mit Unterbrechungen wegen Arbeitsaufnahme bis zur Anspruchserschöpfung am 06.03.2003 Arbeitslosengeld zuletzt in Höhe von 31,90 € täglich (Bemessungsentgelt 655 €, Leistungsgruppe A/0, Leistungstabelle 2003). Ab 07.03.2003 bezog er Alhi in Höhe von täglich 22,56 € (Ende des Bewilligungsabschnittes 06.03.2004).

Am 23.10.2003 nahm der Kläger eine Arbeit auf. Das Arbeitsverhältnis war schon bei Abschluss des Arbeitsvertrages bis 19.12.2003 befristet. Der Arbeitgeber informierte den Kläger nicht über die Pflicht zur unverzüglichen Meldung beim AA; diese Verpflichtung war dem Kläger auch nicht bekannt. Bei einer persönlichen Vorsprache am 28.11.2003 auf dem AA teilte der Kläger nur mit, dass er am 23.10.2003 eine Arbeit aufgenommen hat, machte aber keine Angaben über die Befristung des Arbeitsverhältnisses und gab auch nicht an, eine Arbeit zu suchen. Erst am 23.12.2003 meldete sich der Kläger beim AA erneut arbeitslos und beantragte Alhi. Bei der Antragstellung gab er an, ab 05.01.2004 Wehrdienst in der Bundeswehr zu leisten.

Mit Schreiben vom 08.01.2004 teilte das AA dem Kläger zunächst mit, er sei seiner Verpflichtung, sich unverzüglich beim AA arbeitsuchend zu melden, 54 Tage zu spät nachgekommen. Der Anspruch auf Leistung mindere sich daher um insgesamt 1.050,-- € (täglich 35 € für längstens 30 Tage). Mit Bescheid vom 19.01.2004 bewilligte das AA dem Kläger dann vom 23.12.2003 bis zum 04.01.2004 Alhi in Höhe von täglich 22,56 € (Bemessungsentgelt 480 €, Leistungsgruppe A/0, Leistungstabelle 2003) abzüglich einer täglichen Minderungsrate in Höhe von 11,28 €. Da der Kläger aber bereits vom 01.01.2004 (und nicht erst ab 04.01.2004) bis 05.02.2004 Grundwehrdienst leistete, aus dem er wegen einer zwingenden Wehrdienstausnahme vorzeitig entlassen wurde, forderte das AA vom Kläger mit Bescheid vom 30.03.2004 für den Zeitraum vom 01.01.2004 bis 04.01.2004 erbrachte Leistungen in Höhe von 46,12 € zurück.

Am 09.02.2004 meldete sich der Kläger beim AA wiederum arbeitslos und beantragte Alhi. Mit Bescheid vom 01.04.2004 bewilligte das AA dem Kläger Alhi ab 09.02.2004 in Höhe von täglich 23,05 (Bemessungsentgelt 480 €, Leistungsgruppe A/0, Leistungstabelle 2004) abzüglich einer täglichen Minderungsrate in Höhe von 11,52 € weiter (Ende des Bewilligungsabschnittes 31.12.2004).

Am 05.04.2004 erhob der Kläger gegen das Schreiben des AA vom 08.01.2004 Widerspruch mit dem Antrag, von der Minderung abzusehen. Er trug vor, er habe im Jahr 2004 wegen seines Wehrdienstes keine Bescheide erhalten. Er habe nicht gewusst, dass er sich gleich bei Abschluss des Arbeitsvertrages wieder hätte arbeitsuchend melden müssen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.04.2004 wies die Widerspruchsstelle des AA den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 19.01.2004 in Verbindung mit dem Schreiben vom 08.01.2004 als unbegründet zurück. Der Widerspruch sei zulässig, jedoch nicht begründet. Zwischen dem Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages am 23.10.2003 und dem Ende am 19.12.2003 liege eine Zeitraum von nicht mehr als drei Monaten vor. In diesem Falle sei die Meldepflicht mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages am 23.10.2003 entstanden. Der Kläger habe sich nicht unverzüglich, sondern erst am 23.12.2003 beim AA persönlich gemeldet. Die Minderung betrage je Verspätungstag 35 € bei maximal 30 Tagen, insgesamt 1.050,-- €, die auf die zustehende Leistung anzurechnen sei.

Ab 29.04.2004 wurde die Alhi wieder ohne Minderung gezahlt (Bescheid vom 29.04.2004).

Am 10.05.2004 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und sich zur Begründung der Klage auf sein bisheriges Vorbringen berufen. Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Mit Urteil vom 26.07.2004 hat das SG den Bescheid vom 19.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.04.2004 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Alhi ohne Minderung zu gewähren; auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.

Gegen das ihr am 13.09.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24.09.2004 Berufung einge...

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