Entscheidungsstichwort (Thema)
Impfschadensrecht. Impfung mit dem Impfstoff Rabipur gegen Tollwut. ursächlicher Zusammenhang zwischen Impfung und Gesundheitsschaden
Leitsatz (amtlich)
Zur (hier abgelehnten) Anerkennung eines Impfschadens nach einer Impfung gegen Tollwut mit dem Impfstoff Rabipur.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. April 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung eines Impfschadens nach einer postexpositionellen Tollwut-Impfung
Die am 1962 geborene Klägerin studierte von 1982 bis 1986 Sozialpädagogik in E. und erlernte später die Gebärdensprache für Gehörlose. Ab 1992 war sie bei einem Trägerverein für Gehörlose als Sozialpädagogin beschäftigt. Während eines Urlaubsaufenthaltes in Indonesien im Mai 1997 wurde sie an einem Tag von zwei Hunden gebissen, und zwar in den linken Unterarm und in den rechten Unterschenkel. Die Bisswunden, die desinfiziert und mit Pflaster versorgt wurden, sind komplikationslos verheilt. Das Gebiet, in dem sich die Klägerin damals aufgehalten hat, ist ihren Angaben zufolge als “extremes Tollwutgebiet„ bekannt gewesen. Die beiden Hunde sind weder in Quarantäne genommen noch untersucht worden. Am 30.05.1997 kehrte die Klägerin aus Indonesien zurück. Bereits in der ersten Woche nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub erkrankte sie an Brechdurchfall, Gliederschmerzen, Schwindel, Kopfschmerzen und Fieber bis 40°C. Sie war deshalb ab 02.06.1997 arbeitsunfähig krank.
Auf Überweisung ihres behandelnden Arztes stellte sich die Klägerin am 09.07.1997 in der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin der Universität München vor. Dort wurde dann noch am selben Tag mit einer postexpositionellen Tollwutimmunisierung mit dem Arzneimittel Rabipur begonnen. Diese und alle weiteren Impfungen erfolgten mit dem Impfstoff Rabipur der Firma C. B.. Die zweite und dritte Impfung wurden ebenfalls in der Abteilung für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin vorgenommen, und zwar am 11.07.1997 am 16.07.1997. Bei der dritten Impfung erlitt die Klägerin einen Kollaps. Sie wurde deshalb von der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin in das Städtische Krankenhaus S. eingewiesen.
Dort befand sie sich vom 17.07. bis 01.08.1997 in stationärer Behandlung. Da die Klägerin auch über Koordinationsstörungen, Doppelbilder sowie Schluckstörungen berichtete, erfolgte eine weitergehende neurologische Abklärung. Nach dem Arztbrief der Klinik vom 13.08.1997 (Bl. 71 der LSG-Akte) wurde ein Elektro-Enzephalogramm (EEG; Hirnstrombild) erstellt, das eine grenzwertig leichte Allgemeinveränderung sowie Schwankungen der Vigilität (elektroenzephalographisch registrierbarer Zustand der Wachheit des Organismus) zeigte, im Übrigen aber unauffällig war. Die craniale Computertomographie (CCT) ergab ebenso wenig einen pathologischen Befund wie die klinische neurologische Untersuchung. Das von der Klinik veranlasste neurologische Konsil war unauffällig. Der klinische Befund ergab keine Hinweise auf eine neurogene Störung. Auch ein augenärztliches Konsil ergab keinen krankhaften Befund. Bei den durchgeführten Laboruntersuchungen waren einige Werte außerhalb des Normbereichs: CRP (Eiweiß, das in der Leber gebildet wird und als Entzündungsparameter gilt) ≫2 mg/nl, Leukozyten (weiße Blutkörperchen) 4,7/nl, Thrombozyten (Blutplättchen) 182/nl. Das Differentialblutbild ergab 7% Eosinophile (Teil der weißen Blutkörperchen), 42% Lymphozyten (die kleinsten weißen Blutkörperchen), 11% Monoyten (die größten weißen Blutkörperchen). Bei der Liquordiagnostik (Verfahren zur Untersuchung der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit) wurde kein auffälliger Befund festgestellt. Im Stuhl fanden sich vereinzelt Wurmeier, aber keine pathogenen Keime. Das Krankenhaus empfahl eine Vervollständigung des Tollwutimpfschutzes und nahm selbst eine vierte Impfung am 23.07.1997 vor.
Die fünfte Impfung erfolgte am 06.08.1997 in einer ärztlichen Praxis. Dieser Impftermin wurde von der Klägerin genannt; er ist im Impfpass nicht eingetragen.
Die sechste und letzte Impfung wurde am 10.10.1997 in der Klinik Dr. S., Fachkrankenhaus für Psychotherapeutische Medizin, vorgenommen. In dieser Klinik befand sich die Klägerin vom 09.10.1997 bis 30.04.1998 in stationärer Behandlung. Im Entlassungsbericht der Klinik vom 29.06.1998 (Bl. 28/30 der Verwaltungsakte und Bl. 118/125 der SG-Akte), wird in der abschließenden Zusammenfassung u.a. ausgeführt, bei Blutabnahmen und auch bei den Pentoxifyllin-Infusionen (Arzneimittel, das bei arteriellen Durchblutungsstörungen eingesetzt wird), sei es immer wieder dazu gekommen, dass die Klägerin kollabierte und nach kurzer Zeit wieder zu sich kam. Wegen eines chronischen Tinnitus sei die Klägerin HNO-ärztlich untersucht worden, wobei eine Hörminderung rechts diagnostiziert worden sei. Um daraufhin einen Kleinhirnbrückenwinkelp...