Entscheidungsstichwort (Thema)
Fremdrentenrecht. Spätaussiedler. Zusammentreffen von eigener Rente mit Hinterbliebenenrente. Begrenzung der Entgeltpunkte. Klarstellung durch das RVNG. rückwirkende Rechtsänderung. Vertrauensschutz
Orientierungssatz
1. Mit dem Gesetzgeber neigt der Senat der Auffassung zu, dass es sich bei der Neufassung des § 22b Abs 1 S 1 FRG durch das Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz - RVNG) vom 21.7.2004 (BGBl I 2004, 1791) um eine Klarstellung handelt.
2. Die vom BSG im Urteil vom 30.8.2001 - B 4 RA 118/00 R = BSGE 88, 288 = SozR 3-5050 § 22b Nr 2 vorgenommene und in späteren Entscheidungen vom 13. Senat vom 11.3.2004 - B 13 RJ 44/03 R = BSGE 92, 248 = SozR 4-5050 § 22b Nr 1 und 8. Senat vom 7.7.2004 - B 8 KN 10/03 R = BSGE 93, 85 = SozR 4-5050 § 22b Nr 2 übernommene Auslegung von § 22b Abs 1 S 1 FRG aF wurde weder von den Rentenversicherungsträgern noch von zahlreichen Sozial- und Landessozialgerichten akzeptiert, so dass sich schutzwürdiges Vertrauen in die vom BSG vorgenommene Auslegung bis zum Gesetzesbeschluss über das RV-Nachhaltigkeitsgesetz am 11.3.2004 nicht bilden konnte (vgl BSG vom 21.6.2005 - B 8 KN 9/04 R und BSG vom 21.6.2005 - B 8 KN 1/05 R).
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin im Wege eines Rücknahmebescheides gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Witwenrente hat.
Die ... 1937 geborene Klägerin ist die Witwe des ... 1937 geborenen und ... 1998 verstorbenen J O (J. O.), der als Spätaussiedler anerkannt war. Dieser kam am 5.6.1996 aus R in die Bundesrepublik Deutschland, während die Klägerin am 11.7.1996 zuzog.
Mit Bescheid vom 18.3.1997 und Neufeststellungsbescheid vom 11.11.1997 gewährte die Beklagte dem Ehemann der Klägerin ab 5.6.1996 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Bei der Berechnung der Rente wurden ausschließlich Zeiten nach dem Fremdrentenrecht angerechnet. Dabei ergaben sich 31,9994 (34,9994) Entgeltpunkte (EP), die auf 25 EP gekürzt wurden. Mit Bescheid vom 11.11.1997 wurden die EP anteilig auf 22,1073 EP gekürzt, weil die Rente von J. O. mit der ab 1.7.1997 gewährten Altersrente der Klägerin zusammentraf.
Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 11.9.1997 ab 1.7.1997 Altersrente für Frauen, wobei sie 26,1959 persönliche EP errechnete, wovon 25,9619 EP auf anrechenbare Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) entfielen. Diese kürzte sie zunächst auf 25 EP und auf Grund der Berücksichtigung der Rente von J. O. auf 20 EP und legte der Rentenberechnung sodann - unter Berücksichtigung weiterer, nicht nach dem FRG anrechenbaren Zeiten - 20,2340 EP zugrunde.
Nach dem Tod ihres Ehemannes beantragte die Klägerin am 23.2.1998 die Gewährung von Witwenrente.
Mit Bescheid vom 12.8.1998 gewährte die Beklagte der Klägerin ab 1.3.1998 eine Witwenrente, wobei sie 4,7660 EP (die Differenz zwischen 25 EP und 20,234 EP) zu Grunde legte. Mit Bescheid vom 6.11.1998 nahm die Beklagte eine Neuberechnung vor. Sie führte dazu aus, in der Zeit vom 01.03. bis 31.5.1998 sei es zu einer Überzahlung gekommen. Bei der Auszahlung des Vorschusses im Sterbevierteljahr (3/98 bis 5/98) i. H. v. DM 2902,50 seien 22,1073 EP aus der Versichertenrente des verstorbenen Ehemannes berücksichtigt worden. Für die Berechnung der Witwenrente und des Sterbevierteljahres seien allerdings nur 4,766 EP zugrunde zu legen. Die Überzahlung von DM 1397,41 sei zu erstatten.
Gegen den Bescheid vom 6.11.1998 legte die Klägerin am 24.11.1998 Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 4.1.1999 nahm die Beklagte eine Neufeststellung der Altersrente der Klägerin ab 1.3.1998 unter Zugrundelegung von - begrenzten - 25 EP nach dem FRG und weiteren 0,234 EP (insgesamt 25,234 EP) vor.
Nach Anhörung der Klägerin nahm die Beklagte mit Bescheid vom 27.4.1999 den Bescheid vom 6.11.1998 zurück und eine Neuberechnung der Witwenrente vor, wobei sie einen monatlichen Zahlbetrag von DM 0,00 ab 1.3.1998 errechnete und für die Zeit vom 1.3.1998 bis 31.5.1999 DM 1757,59 zurückforderte. Der mit Bescheid vom 4.1.1999 bewilligten Altersrente für Frauen lägen bereits 25 EP aus rentenrechtlichen Zeiten nach dem FRG zugrunde. Damit werde der zulässige Höchstwert für einen Berechtigten bereits erreicht. Die Zahlung der Witwenrente könne daher nicht erfolgen. Mit Widerspruchsbescheid vom 1.9.1999 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 6.11.1998 i. d. F. des Rücknahmebescheides vom 27.4.1999 zurück.
Die hiergegen zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhobene Klage (S 17 RA 5248/99) nahm die Klägerin wieder zurück.
Am 29.2.2000 beantragte die Klägerin die früheren Bescheide gemäß § 44 Sozialgesetzbuch (SGB) X zurückzunehmen und ihr eine Witwenrente ohne 40-% Kürzung und ohne die Obergrenzen des § 22 b FRG zu gewähren. Am 20.3.2002 beantragte die Klägerin unter Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.8.2001 (B 4 RA 118/00 R - BSGE 88, 288 = SozR 3-5050 § 22b Nr 2) den Witwenrentenbescheid vom 6...