Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankengeld. ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit "auf nicht absehbare Zeit" oder "bis auf Weiteres". ausreichende Krankschreibung durch Bescheinigung im Auszahlschein

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer Krankschreibung "auf nicht absehbare Zeit" oder "bis auf Weiteres" müssen für eine ärztliche Feststellung iSd § 46 S 1 Nr 1 SGB 5 keine neuen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mehr vorgelegt werden unabhängig davon, ob die Krankenkasse dieser Beurteilung folgt oder nicht. Von einer solchen Krankschreibung ist auch auszugehen, wenn der Versicherte einen Auszahlschein vorlegt, in dem die Frage, ob noch Arbeitsunfähigkeit vorliegt, bejaht wird und in der Rubrik ""nächster Praxisbesuch"" kein Eintrag erfolgt ist.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.09.2012 sowie der Bescheid der Beklagten vom 23.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2009 aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Krankengeld für die Zeit vom 03.01. bis zum 03.06.2009 zu gewähren.

Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen trägt die Beklagte.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht einen Anspruch auf Krankengeld (Krg) für die Zeit vom 03.01. bis 03.06.2009 geltend.

Die am … 1954 geborene Klägerin war als Bürokauffrau versicherungspflichtig beschäftigt und Mitglied der beklagten Krankenkasse. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Wochen zum 15.03.2008. Am 13.03.2008 stellte der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. L. das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit (Diagnose F 33.9 G, rezidivierende depressive Störung) fest. Die Beklagte zahlte der Klägerin daraufhin Krg ab dem 16.03.2008. Vom 30.09. bis 25.11.2008 befand sich die Klägerin in einer vom Rentenversicherungsträger bewilligten stationären Heilbehandlung. Aus diesem Heilverfahren wurde sie mit den Diagnosen Anpassungsstörung, Dysthymia, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode und Rückenschmerzen vorläufig noch als arbeitsunfähig, jedoch in gebessertem Allgemeinbefinden entlassen.

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) gelangte in einer gutachterlichen Stellungnahme vom 15.12.2008 zu der Auffassung, dass die Klägerin ab 01.01.2009 wieder in der Lage sei, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen und ohne Nachtschicht auszuüben. Mit Bescheid vom 23.12.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der MDK habe festgestellt, dass sie wieder für leichte/mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelbar sei. Dies bedeute, dass mit dem 31.12.2008 der Anspruch auf Krg und somit auch die Mitgliedschaft bei der Beklagten ende. Die Klägerin wurde zudem aufgefordert, sich bis spätestens 02.01.2009 bei ihrer Agentur für Arbeit zu melden. Sie vermeide dadurch mögliche Nachteile. Die Zahlung von Krg bis zum 31.12.2008 basierte auf einem am 16.12.2008 von Dr. B. ausgestellten Auszahlschein für Krg. Dieser Auszahlschein, der als Diagnosen CTS rechts, depressives Syndrom benennt, enthält außerdem folgende Mitteilungen: zuletzt vorgestellt am 16.12.2008, noch arbeitsunfähig. Angaben zum nächsten Praxisbesuch werden nicht gemacht. Am 02.01.2009 ging bei der Beklagten eine von Dr. G., Arzt für Orthopädie, am 29.12.2008 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein, die als Erstbescheinigung gekennzeichnet war und in der Dr. G. das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit unter der Diagnose M 54.5 G (Kreuzschmerz) bis zum 02.01.2009 (Freitag) bescheinigte. In einer weiteren, am 07.01.2009 eingegangenen Folgebescheinigung attestierte der Internist und Hausarzt Dr. S. aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 05.01.2009 (Montag) Arbeitsunfähigkeit bis 09.01.2009 (Freitag).

Gegen den Bescheid vom 23.12.2008 legte die Klägerin am 05.01.2009 Widerspruch ein. Auf telefonische Nachfrage der Beklagten am 13.01.2009 legte sie eine am 19.01.2009 von Dr. S. am 19.01.2009 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, dieses Mal mit der Diagnose J 98.8 G (sonstige nähere bezeichnete Krankheiten der Atemwege). Die Beklagte holte erneut eine Stellungnahme des MDK ein. In seiner sozialmedizinischen Beratung am 17.02.2009 führte der MDK ergänzend aus, hinsichtlich der Tätigkeit einer ausgebildeten Bürokraft in einer anderen Firma bestehe seit dem 01.01.2009 ein ausreichendes Leistungsbild. Zu vermeiden seien Nachtarbeit und Wirbelsäulenzwangshaltungen, die jedoch bei einer Beschäftigung als ausgebildete Bürokraft nicht üblich seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.03.2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück mit der Begründung, ab dem Jahreswechsel 2008/2009 verfüge die Klägerin wieder über ein ausreichendes Leistungsvermögen für eine Tätigkeit als Bürofachkraft, sodass ab dem 01.01.2009 kein Anspruch auf Krg mehr bestehe.

Die Klägerin meldete sich zunächst am 01.04.2009 arbeitslos, änderte die Arbeitslosmeldung ...

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