Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. keine zusätzliche Übernahme von Kosten für die Beschaffung von Ausweispapieren. fehlende Rechtsgrundlage im SGB 2

 

Leitsatz (amtlich)

Es besteht keine Anspruchsgrundlage im SGB 2 für die Übernahme der Gebühren für die Ausstellung eines neuen Personalausweises und Reisepasses sowie der Kosten für das Anfertigen der dazu erforderlichen biometrischen Fotos als Zuschuss.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 8. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Übernahme der Kosten für die Fertigung eines Personalausweises und eines Reisepasses einschließlich der Kosten für biometrische Passbilder in Höhe von insgesamt 101,80 €.

Die 1958 geborene, alleinstehende Klägerin bezieht seit 01. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von der Beklagten. Die Kosten für Unterkunft und Heizung werden gesondert durch den kommunalen Träger, den R.-N.-Kreis, erbracht. Im Bereich des R.-N.-Kreises bestand und besteht zwischen dem kommunalen Träger und der Bundesagentur für Arbeit keine Arbeitsgemeinschaft. Zuletzt bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 01. November 2010 bis zum 30. April 2011 einen monatlichen Gesamtbetrag von 359,00 € (Regelleistung) und ab 01. Januar 2011 von 364,00 € (Bescheid vom 12. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. Dezember 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 26. März 2011) sowie für den Bewilligungsabschnitt vom 01. Mai bis zum 31. Oktober 2011 in Höhe von 364,- € (Bescheid vom 30. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Mai 2011).

Der Personalausweis und der Reisepass der Klägerin waren jeweils bis zum 31. Mai 2011 gültig.

Am 01. Oktober 2010 beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten für die Fertigung eines neuen Personalausweises und eines neuen Reisepasses. Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 12. Oktober 2010 ab.

Am 21. Oktober 2010 wandte sich die Klägerin erneut hinsichtlich der Übernahme der Kosten für einen neuen Personalausweis und Reisepass an die Beklagte und brachte zum Ausdruck, dass es ihr um die Erstattung der Kosten für neue Dokumente nach Ablauf der Gültigkeitsdauer gehe (Schreiben vom 15.Oktober 2010). Daraufhin teilte ihr die Beklagte mit Schreiben vom 09. November 2010 mit, dass eine Übernahme der Kosten als Zuschuss nicht möglich sei, die Kosten für den Personalausweis unter Umständen als Darlehen übernommen werden könnten.

Den vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das SG abgelehnt (Beschluss vom 22. Januar 2011, S 1 AS 37/11 ER). Die dagegen eingelegte Beschwerde hat der Senat durch Beschluss vom 28. März 2011 als unzulässig verworfen (L 12 AS 585/11 ER-B).

Die Stadt S. lehnte mit Bescheid vom 07. Februar 2011 eine Befreiung der Klägerin von den Gebühren für einen Reisepass und einen Personalausweis sowie die Übernahme der Kosten für biometrische Fotos ab.

Die Klägerin hat am 28. Februar 2011 Klage zum SG erhoben, mit der sie weiterhin die Kostenübernahme für einen neuen Personalausweis und einen Reisepass verlangt. Die Kosten für Personalausweis und Reisepass würden in der alten und neuen Regelsatzverordnung nicht aufgeführt. Der Gesetzgeber habe scheinbar vergessen, dass das Anfertigen von amtlichen Unterlagen mit Kosten verbunden sei. Daher habe die Arbeitsagentur die Kosten für den Personalausweis zu zahlen. Gleiches gelte für die Kosten des Reisepasses. Sie - die Klägerin - habe schon immer einen Reisepass besessen. Es stelle einen Eingriff in das Recht auf freie Entfaltung bzw. Freizügigkeit dar, wenn ihr die Arbeitsagentur auf dem Umweg der Verweigerung eines Reisepasses die freie Reisemöglichkeit untersagen würde. Auch Arbeitslose und Arbeitssuchende hätten einen Anspruch auf Urlaub. Wo der eventuelle Urlaubs- oder Aufenthaltsort liege, dürfe nicht von der Arbeitsagentur bestimmt werden. Es gebe auch keine kostenlosen Fotos und die Arbeitsagentur veranstalte auch keine kostenlosen Fotoshootings, damit die Klägerin biometrische Fotos für ihre Pässe erhalte.

Die Beklagte fasste die Klage als Widerspruch gegen ihr Schreiben vom 09. November 2010 auf und wies diesen durch Widerspruchsbescheid vom 21. März 2011 als unbegründet zurück.

Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 08. Juni 2011 abgewiesen und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zum Kauf biometrischer Fotos sowie zur Ausstellung eines neuen Personalausweises und eines neuen Reisepasses. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB II erbringe die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder Geldleistung und gewähre dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen, wenn im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen una...

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