Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Prüfung des Anspruches auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung im Berufungsverfahren bei vorhergehender Feststellung von Rente wegen voller Erwerbsminderung. Verweisungstätigkeit. Poststellenmitarbeiter. Registrator
Leitsatz (amtlich)
Wird vor dem Sozialgericht Rente wegen voller und hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung (auch bei Berufsunfähigkeit) begehrt und verurteilt das Sozialgericht zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung, weil es von einem unter dreistündigen Leistungsvermögen ausgeht, ist im Berufungsverfahren weiterhin hilfsweise ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu prüfen. Anders als bei einer so genannten Arbeitsmarktrente sind bei unter dreistündigem Leistungsvermögen ohne die Aussicht auf eine Besserung des Gesundheitszustandes die Regelungen der §§ 43 Abs 1, 240 gegenüber § 43 Abs 2 SGB 6 nachrangig.
Orientierungssatz
Zum Aufgabenfeld eines Poststellenmitarbeiters und eines Registrators.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 31. Mai 2006 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab 1. Mai 2004 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Tatbestand
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am ....958 geborene Kläger arbeitete nach einer Ausbildung als Kfz-Mechaniker von 1977 bis 1992 im erlernten Beruf. Nach einer dreimonatigen Arbeitsunfähigkeit war er von 1993 bis 1994 als Verkäufer im Autozubehörhandel tätig und danach bis 2001 arbeitslos, wobei er zeitweilig eine geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung ausübte. Von April 2001 bis März 2002 war er befristet bei der C. beschäftigt und als Teamleiter für Arbeiten an Gartenanlagen und Innenrenovierungen zuständig. Danach übte er noch zeitweilig eine geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung aus bzw. war er arbeitslos oder im Sozialleistungsbezug. Wegen der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 11. Oktober 2006 Bezug genommen.
Der Kläger leidet im Wesentlichen unter einer ausgeprägten, schon 1992 diagnostizierten Osteoporose mit inzwischen multiplen Kompressionsfrakturen im BWS- und LWS-Bereich, einem Zustand nach Humeruskopffraktur im Februar 2003, interkurrenten Rippenfrakturen und einem seit 2005 diagnostizierten Morbus Crohn.
Den Rentenantrag vom 16. April 2004 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. April 2004 und Widerspruchsbescheid vom 23. September 2004 (am Folgetag zur Post gegeben) ab, da der Kläger leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen wie auch zumutbare Verweisungstätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne.
Dem lagen im Wesentlichen ein Heilverfahrenentlassungsbericht vom 4. November 2003 (Tätigkeiten als Kfz-Mechaniker und wie zuletzt als Werkstattleiter bei der C seien weniger als drei Stunden möglich, leichte Arbeiten, wenn keinerlei körperliche Belastungen und keine Zwangshaltungen sowie Tätigkeiten mit vermehrter Unfall- oder Sturzgefahr anfielen, drei bis unter sechs Stunden) sowie ein Gutachten des Dr. G. (der Kläger könne Tätigkeiten als Werkstattleiter, wie bei der C , sowie leichte und mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr verrichten) zu Grunde.
Deswegen hat der Kläger am 25. Oktober 2004 Klage beim Sozialgericht Mannheim erhoben und geltend gemacht, er könne keine drei Stunden arbeiten. Er hat einen Bericht des Radiologen Dr. B. über eine Osteodensitometrie vorgelegt.
Das SG hat den behandelnden Arzt Dr. R. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört sowie Sachverständigengutachten des Orthopäden W. (mit ergänzender Stellungnahme) und des Internisten Dr. R. eingeholt.
Der Orthopäde W. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, der Kläger leide unter einer manifesten schweren Osteoporose mit einem chronischen Lumbalsyndrom mit osteoporotischer Fließverformung der gesamten LWS, Deformierung und Höhenminderung der Wirbelkörper, einem chronischen thorakalen Schmerzsyndrom bei schwerer Rundrückenbildung mit osteoporotischer Fliesverformung im mittleren und unteren Abschnitt, einem hochgradigen thorakolumbalen Funktionsverlust mit schweren Funktionsschmerzen und Muskelreizerscheinungen, einem chronischen Cervicalsyndrom sowie einer mittelgradigen bis deutlichen Coxarthrose beidseits bei Coxavalga. Die fortgeschrittene Osteoporose habe zu multiplen Frakturen an Humerus, Rücken und Tibia geführt. Die manifeste und generalisierte Osteoporose finde sich auch im Bereich der großen Gelenke. Nachdem viele Wirbelkörper zusammengebrochen seien, sei der Kläger inzwischen 10 cm kleiner geworden. Leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmar...