Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfgegenstand im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB 10
Leitsatz (amtlich)
In Verfahren nach § 44 SGB X ist nicht nur zu prüfen, ob der im Zugunstenverfahren angegriffene Bescheid im Zeitpunkt seines Erlasses fehlerhaft war, sondern ob die beantragte Leistung auch für die nachfolgende Zeit zu Recht abgelehnt worden ist.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 2. April 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Der 1956 geborene Kläger erlernte den Beruf des Großhandelskaufmanns. Ab 1984 war er als Heizungsbauer und Rohrreiniger versicherungspflichtig tätig. Seit dem 25. Oktober 2005 ist er arbeitsunfähig bzw. erwerbslos.
Das Landratsamt L. stellte bei dem Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 60 sowie das Merkzeichen “G„ und ab 29. Januar 2013 einen GdB von 100 fest.
Am 8. November 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung. In der Zeit vom 1. Dezember 2005 bis zum 22. Dezember 2005 absolvierte der Kläger eine stationäre Maßnahme der medizinischen Rehabilitation, aus der er arbeitsunfähig und mit einem Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ständig im Stehen, Gehen oder im Sitzen, in Tages-, Früh- oder Spätschicht von sechs Stunden und mehr entlassen wurde (Entlassbericht der Ärzte der Reha-Klinik H.-K. Prof. Dr. B./W./K. vom 30. Januar 2006; Diagnosen: Zustand nach Hinterwandinfarkt 25. Oktober 2005 mit Laien-Reanimation und fünffacher Defibrillation durch Notarzt bei Kammerflimmern, koronarer Zwei-Gefäß-Erkrankung, Akut-Rekanalisation der RCA durch PTCA und Stenting, Zustand nach ICD-Implantation bei rezidivierendem Kammerflimmern, Zustand nach PTCA und Stenting einer LAD-Abgangsstenose und PTCA in Kissingtechnik LAD/D1 und PTCA D1, arterielle Hypertonie, Hyperlipoproteinämie, Adipositas).
Die Beklagte bewilligte dem Kläger zunächst für die Zeit vom 1. Mai 2006 bis zum 31. Oktober 2007 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (Bescheid vom 9. Mai 2006).
In der Zeit vom 18. Oktober 2006 bis zum 15. November 2006 absolvierte der Kläger eine weitere stationäre Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in der Reha-Klinik Ü., aus der er arbeitsunfähig und mit einem Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen in Tagesschicht von sechs Stunden und mehr entlassen wurde (Entlassbericht Dr. H./Dr. K.; Diagnosen: koronare Zwei-Gefäß-Erkrankung mit Zustand nach Hinterwandinfarkt, Zustand nach ICD-Implantation bei rezidivierendem Kammerflimmern, Zustand nach wiederholter PTCA und Stenting, metabolisches Syndrom mit Adipositas, arterieller Hypertonie und Hyperlipoproteinämie, psychovegetatives Syndrom).
Am 13. April 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut eine Rente wegen Erwerbsminderung. Daraufhin veranlasste die Beklagte eine internistische Begutachtung des Klägers. Der Internist und Sozialmediziner Dr. G. gelangte in seinem Gutachten vom 23. Juli 2007 zu der Einschätzung, dass dem Kläger leichte Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen sechs Stunden und mehr zumutbar seien (Diagnose: koronare Herzkrankheit). Mit Bescheid vom 3. August 2007 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab, wogegen der Kläger Widerspruch einlegte. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erstattete der Internist und Sozialmediziner Dr. L. unter dem 8. Oktober 2007 ein Gutachten nach Aktenlage und gelangte darin zu der Einschätzung, dass der Kläger nicht leistungsfähig sei und der weitere Behandlungsverlauf abgewartet werden solle. Daraufhin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Oktober 2007 für die Zeit vom 1. April 2007 bis zum 30. September 2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Auf den Weiterzahlungsantrag vom 12. Juli 2008 gewährte sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Oktober 2010.
Am 23. April 2010 beantragte der Kläger die Weiterzahlung der Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte veranlasste erneut eine Begutachtung des Klägers. Der Internist und Sozialmediziner Dr. G. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 5. Juli 2010 einen Zustand nach Hinterwandinfarkt sowie eine spastische Angina pectoris. Er gelangte zu der Einschätzung, dass dem Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, zeitweise im Stehen, überwiegend im Gehen, ständig im Sitzen sechs Stunden und mehr möglich seien. Ausgeschlossen seien das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über zehn Kilogramm ohne technische Hilfsmittel, häufiges Bücken, das Steigen und Klettern, Akkordarbeit, Tätigkeiten unter Zeitdruck oder emotionalem Stress sowie unter großen Temperaturschwankungen; Magnetfelder seien zu meiden.
Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 9. September 2010 ab 1. November 2010 bis zum 31. Jul...