Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Kostenerstattung bei Übertritt aus dem Ausland bzw Einreise aus dem Ausland. Übergangsregelung. keine Bestimmung des überörtlichen Sozialhilfeträgers durch Bundesverwaltungsamt. Verwaltungsakteigenschaft. keine verbindliche Vorentscheidung über Bestehen, Voraussetzungen und Umfang des Kostenerstattungsanspruchs
Leitsatz (amtlich)
Eine Zuständigkeitsbestimmung des Bundesverwaltungsamts nach § 108 SGB 12 kommt für Kostenerstattungsfälle, die von der Übergangsregelung des § 144 BSHG erfasst worden waren, nicht in Betracht.
Orientierungssatz
1. Zur Rechtsqualität der Zuständigkeitsbestimmung durch das Bundesverwaltungsamt.
2. Das Bundesverwaltungsamt ist zu einer verbindlichen Vorentscheidung über das Bestehen, die Voraussetzungen und den Umfang des Kostenerstattungsanspruchs nicht befugt (vgl BSG vom 24.3.2009 - B 8/9b SO 17/07 R = BSGE 103, 34 = SozR 4-5910 § 108 Nr 1 und BVerwG vom 24.6.1999 - 5 C 24/98 = BVerwGE 109, 155).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 21. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, einen überörtlichen Träger der Sozialhilfe hinsichtlich der Erstattung von Aufwendungen für die Hilfeempfängerin K. P. (i.F.: K.P.) zu bestimmen.
K.P. (geb. am … 1943 in Wien), aufgrund einer geburtstraumatischen Hirnschädigung geistig behindert, ist die Tochter der Eheleute H. P. (geb. 1913 in Mettmann bei Düsseldorf) und M. S. P. geb. Po. (geb. 1920 in Linz), die beide schon verstorben sind. Anfang 1945 mussten die Eheleute Österreich aus kriegsbedingten Gründen verlassen; sie gelangten kurze Zeit später nach Konstanz, wo sie ihren Wohnsitz nahmen und im August 1947 einen Flüchtlingsausweis erhielten. Die damals einjährige K.P. ließen die Eheleute bei ihrer Evakuierung zunächst bei den Großeltern in Oberneukirchen bei Linz zurück; am 14. Mai 1954 wurde sie von diesen zu ihren Eltern nach Konstanz verbracht. Dort hielt sich K.P. jedoch nur wenige Tage auf; schon am 21. Mai 1954 bat die Mutter um eine Anstaltsunterbringung; vom 25. Mai 1954 bis 26. Juni 1956 fand K.P. Aufnahme im Psychiatrischen Landeskrankenhaus (PLK) Weissenau bei Ravensburg, kehrte aber danach zeitweilig nach Österreich zu ihren Großeltern zurück. Nach Aktenlage wurde sie sodann von den Großeltern Mitte des Jahres 1958 wieder nach Deutschland verbracht und am 2. oder 30. Juni 1958 in das PLK R. eingeliefert, wo sie bis zum 19. Oktober 1988 verblieb. Anschließend lebte sie im Pflegeheim Radolfzell-St., später kurze Zeit im Pflegeheim W. in Radolfzell. Seit 18. Juli 1995 ist K.P. stationär in der Wohngemeinschaft Sch. in T.-W. (Landkreis Konstanz) aufgenommen.
Auf Antrag der Stadt Konstanz als Bezirksfürsorgeverband hatte der Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland (Landesfürsorgeverband) der Stadt mit Schreiben vom 3. Oktober 1955 auf der Grundlage der Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 der Bonner Vereinbarung (BV) vom 2. September 1952 (GMBl. S. 305) i.V.m. § 1 der Freiburger Ergänzungsvereinbarung (FrEV) vom 30. Juli 1953 (GMBl. 1954 S. 91) und Ziffer 5 der Fürsorgerechtsvereinbarung (FRV) vom 18. September 1947/3. Mai 1949 (NDV 28, S. 3; NDV 29, S. 90) eine Kostenübernahme ab 1. April 1955 zugesichert. Nach der Aufnahme der K.P. in das PLK R. anerkannte der Landschaftsverband Rheinland (LVR) am 21. August 1958 wiederum seine Kostenerstattungspflicht nach den vorgenannten Regelungen gegenüber der Stadt Konstanz. Nach Aufnahme der K.P. in das Wohnheim Sch. übernahm der damalige Landeswohlfahrtsverband Baden (LWV) als überörtlicher Träger mit Bescheid vom 18. Oktober 1995 die für die Dauer des Aufenthalts im Wohnheim entstehenden Kosten in Form der Eingliederungshilfe für Behinderte nach § 40 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. § 100 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Bis dahin hatte die Stadt Konstanz der K.P. Hilfen im Rahmen eines sog. “Erhaltungsfalls„ gewährt, für den der LVR gemäß der Übergangsregelung des § 144 Nr. 2 BSHG auch nach dem Inkrafttreten des BSHG am 1. Juli 1962 Kostenerstattung leistete. Mit Schreiben vom 18. Oktober 1995 wandte sich der LWV an den LVR und bat unter Hinweis auf einen nahtlosen Anstaltsübertritt im Sinne des § 108 Abs. 5 BSHG um ein Kostenanerkenntnis. Dieser anerkannte darauf mit Schreiben vom 3. November 1995 die Verpflichtung zur Kostenerstattung “gemäß § 108 BSHG„ für die Zeit ab 1. November 1995; das Anerkenntnis gelte unter dem Vorbehalt, dass die sonstigen im BSHG geforderten Voraussetzungen erfüllt seien, die Hilfe also im Sinne von § 111 Abs. 1 Satz 1 BSHG rechtmäßig gewährt worden sei. Sowohl der Zeitpunkt der Hilfegewährung als auch eine im Sinne von § 108 Abs. 5 BSHG rechtserhebliche Unterbrechung im Hilfebezug sei unverzüglich mitzuteilen. Unter Bezugnahme auf das Kostenanerkenntnis rechnete der LWV seine Aufwendungen mit dem LVR in den Folgej...