Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufliche Weiterbildung. Anspruch auf Weiterbildungsprämie. Voraussetzungen der Förderung. Maßgeblichkeit der Regelausbildungsdauer. Verkürzung der Ausbildungsdauer wegen Vorqualifikation. kein Ausschluss für beschäftigte Arbeitnehmer

 

Orientierungssatz

1. Die Gewährung einer Weiterbildungsprämie nach § 131a Abs 3 Nr 2 SGB 3 ist auch bei einer nach § 82 SGB 3 geförderten Weiterbildung nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

2. Die Gewährung einer Weiterbildungsprämie nach § 131a Abs 3 Nr 2 SGB 3 ist auch im Fall einer Verkürzung der Ausbildungsdauer auf ein Jahr wegen bereits vorhandener Qualifikationen möglich.

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.05.2022 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Weiterbildungsprämie.

Die Klägerin ist ausgebildete Heilerziehungspflegerin und arbeitete vom 01.11.2014 bis zum 31.05.2016 als Heilerziehungspflegerin im Haus K sowie vom 01.06.2016 bis zum 31.07.2019 im M-haus B als Heilerziehungspflegehelferin. Seit dem 01.08.2019 arbeitete sie im G-Heim in der sozialen Betreuung. Mit ihrer Ausbildung durfte sie dort nicht alle Tätigkeiten als Altenpflegerin ausüben, weil sie die erforderliche altenpflegerische Grundausbildung nicht absolviert hatte.

Die Klägerin sprach deshalb bei der Beklagten vor, wo man am 03.12.2019 in einem Vermerk festhielt, dass die Klägerin in der Altenpflege nur voll eingesetzt werden könne, wenn sie über den Abschluss der examinierten Altenpflegerin verfüge. Die Ausbildung könne nach Rücksprache der Klägerin mit dem Regierungspräsidium um zwei Jahre verkürzt werden, wenn die Klägerin im April Jahr 2020 in die Ausbildung einsteige. Ein Schulplatz an der evangelischen Samariterstiftung sei sichergestellt. Die Klägerin sei nicht geringqualifiziert, weil sie über eine abgeschlossene Ausbildung verfüge und keine Berufsentfremdung vorliege. Eine Förderung sei deshalb nur über § 82 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) möglich. Dort müsse der derzeitige Arbeitgeber mit mindestens 50 % der Lehrgangskosten beteiligt werden.

Die Klägerin kündigte mit Schreiben vom 17.12.2019 das Arbeitsverhältnis im G-Heim innerhalb der Probezeit.

Die Klägerin meldete sich am 30.12.2019 zum 01.01.2020 arbeitslos und teilte mit, dass sie eine Ausbildung als Altenpflegerin absolvieren wolle. Ihr Arbeitgeber wolle ihr die Ausbildung nicht ermöglichen, somit habe sie das Arbeitsverhältnis gelöst. Sie habe sich bereits im Dezember 2019 beim Haus N in P um eine neue Stelle und auch die Weiterbildung beworben. Man habe ihr dort bereits signalisiert, dass man ihr ab April die Weiterbildung ermöglichen wolle.

Mit Bescheid vom 28.01.2020 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.01.2020 bis zum 24.03.2020 fest, da die Klägerin das Beschäftigungsverhältnis durch eigene Kündigung gelöst habe.

Mit Bescheid vom 28.01.2020 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 01.04.2020 bis zum 23.12.2020 in Höhe eines Leistungsbetrages von 46,21 € täglich. Vom 01.01.2020 bis zum 24.03.2020 ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen der Sperrzeit. Über den Zeitraum vom 25.03.2020 bis zum 31.03.2020 sei noch nicht entschieden worden. Hierüber erhalte die Klägerin ein gesondertes Schreiben.

Die Klägerin erhob gegen die Feststellung der Sperrzeit im Bescheid vom 28.01.2020 mit Schreiben vom 29.01.2020 Widerspruch, welchen die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2020 zurückwies.

Die Beklagte stellte gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 02.03.2020 die Notwendigkeit einer beruflichen Qualifizierung fest und erteilte einen Bildungsgutschein für die Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin, welchen die Klägerin am 11.03.2020 unterschrieben durch die Samariter Stiftung, Evangelische Fachschule für Altenpflege in L, vorlegte.

Am 01.04.2020 nahm die Klägerin eine Beschäftigung im Seniorenheim R auf. Die Beklagte hob mit Bescheid vom 25.03.2020 die Bewilligung des Arbeitslosengeldes ab dem 01.04.2020 auf.

Mit Bescheiden vom 13.07.2020, 25.11.2020 und 29.04.2021 bewilligte die Beklagte für die Maßnahme in der Zeit vom 01.04.2020 bis 31.03.2021 Fahrtkosten „gemäß den §§ 81, 83 SGB III“.

Am 25.03.2021 bestand die Klägerin mit jeweils ausreichender Leistung im schriftlichen, mündlichen und praktischen Teil die staatliche Prüfung in der Altenpflege nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Altenpflegegesetz.

Unter dem 25.03.2021 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Zahlung einer Weiterbildungsprämie von 1.500,00 € für das Bestehen der Abschlussprüfung und fügte das Zeugnis vom 25.03.2021 bei.

Eine Vermittlungsfachkraft der Beklagten leitete den Antrag am 29.03.2021 „mit positiver Stellungnahme“ im Haus weiter und bestätigte gegenüber der Klägerin mit E-Mail vom selben Tag, dass die Weiterbildungsprämie bewilligt und zur Auszahlung weitergeleitet worden sei. Weder ...

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