Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Verschuldenskosten wegen missbräuchlicher Fortführung des Rechtsstreits: Aufwendungen anderer Verfahrensbeteiligter. Entscheidung über unzulässiges Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung der abgelehnten Richter. Wert des Beschwerdegegenstandes: Untätigkeitsklage. Feststellungsklage. wiederholter Prozesskostenhilfeantrag
Leitsatz (amtlich)
Zu den Verschuldenskosten wegen missbräuchlicher Fortführung des Rechtsstreits gehören auch die Aufwendungen, die einem anderen Verfahrensbeteiligten entstehen. Hierzu zählt insbesondere die Hälfte der von der Beklagten zu entrichtenden Pauschgebühr, da im Falle einer Erledigung nicht durch Urteil sich die Pauschgebühr auf die Hälfte ermäßigt hätte, dieser Gebührenanteil daher bei verständigem Verhalten des Klägers vermeidbar gewesen wäre.
Orientierungssatz
1. Abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs 1 ZPO kann der Spruchkörper ausnahmsweise in alter Besetzung unter Mitwirkung der abgelehnten Richter über unzulässige Ablehnungsgesuche in bestimmten Fallgruppen entscheiden. Hierzu zählt etwa die Wiederholung einer Richterablehnung ohne neue Gesichtspunkte sowie die pauschale Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers.
2. Die Wertgrenze des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG gilt auch für eine Untätigkeitsklage, denn mit ihr wird zwar nicht direkt eine Leistung verlangt, aber die Klage zielt auf den Erlass eines auf Geldleistung gerichteten Verwaltungsakts.
3. Feststellungsklagen dienen nicht dazu, nach Ablauf der Klagefrist eine gerichtliche Überprüfung bestandskräftiger Bescheide zu ermöglichen (vgl BSG vom 6.2.1992 - 12 RK 15/90 = BSGE 70, 99 = SozR 3-1500 § 54 Nr 15).
4. Für einen wiederholten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe besteht kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn er auf denselben Lebenssachverhalt gestützt wird wie der vorausgegangene abschlägig beschiedene Antrag (vgl BGH vom 3.3.2004 - IV ZB 43/03 = NJW 2004, 1805).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. November 2009 wird verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Dem Kläger werden Missbrauchskosten in Höhe von 225 €, zahlbar an die Staatskasse, auferlegt. Der Kläger hat der Beklagten die von ihr zu entrichtende Pauschgebühr zur Hälfte - in Höhe von 112,50 € - zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.
Tatbestand
Der Kläger macht Untätigkeit der Beklagten geltend.
Der 1975 geborene Kläger beantragte am 19. Februar 2008 per E-Mail bei der Beklagten die Gewährung einer Übergangsbeihilfe in Höhe von 300 € als Darlehen im Hinblick auf die Arbeitsaufnahme bei der Firma S. und M. GmbH und Co. KG in P..
Mit Bescheid vom 13. März 2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch vom 15. März 2008 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. April 2008 zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach § 53 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) könnten Arbeitslose durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit diese zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig sei. Hier sei schon die Notwendigkeit fraglich, da der Arbeitsvertrag bereits am 1. Februar 2008 geschlossen, Übergangsbeihilfe aber erst am 19. Februar 2008 beantragt worden sei. Auch bei Vorliegen der Voraussetzungen wäre die ablehnende Entscheidung nicht ermessensfehlerhaft. Der Kläger habe bereits für die Arbeitsaufnahme am 21. Januar 2008 bei der Firma I. Personaldienstleistungen GmbH den maximalen Betrag von 1.000 € erhalten. Das Arbeitsverhältnis mit der I. Personaldienstleistungen GmbH habe bereits am 8. Februar 2008 wieder geendet, der Lohn sei Anfang März 2008 ausgezahlt worden. Damit sei mit der überwiesenen Übergangsbeihilfe nicht nur die Zeit bei der Firma I., sondern auch die Zeit der Beschäftigung bei der Firma S. vom 18. Februar 2008 bis zur ersten Gehaltszahlung abgedeckt; zudem habe dem Kläger das im März ausgezahlte Arbeitsentgelt zur Verfügung gestanden.
Am 1. April 2009 hat der Kläger zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) Untätigkeitsklage erhoben. Bis heute habe die Beklagte über seinen Widerspruch vom 20. Februar 2008 nicht entschieden. Hierzu hat er eine E-Mail vorgelegt, mit welcher er gegen die telefonische Ankündigung des Arbeitsvermittlers, das Darlehen abzulehnen, Widerspruch eingelegt hat. Auch die mündliche Ablehnung sei ein widerspruchsfähiger Verwaltungsakt. Am 3. Juli 2009 hat der Kläger den Kammervorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2009 hat er hilfsweise die Anträge in einen “Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag„, hilfsweise in einen “allgemeinen Feststellungsantrag„, hilfsweise in einen “Fortsetzungsfeststellungsantrag„ umgestellt.
Mit Gerichtsbescheid vom 19. November 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Das gegen den Kammervorsitzenden gerichtete Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit sei offensichtlich rechtsmissbräuchlich. Das Gesuch sei erfolgt, nachdem der V...