Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der vorläufigen Rechtsschutzes. Festsetzung von Umlagebeiträgen durch Verwaltungsakt. Gegenstandswert im vorläufigen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unzulässig, wenn gerichtlicher Rechtsschutz anderweitig einfacher und schneller erlangt werden kann oder wenn dieser für ihn entbehrlich ist. Eine Behörde ist grundsätzlich nicht auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung angewiesen, wenn sie selbst die erforderlichen Anordnungen treffen kann. Dies ist vor allem der Fall, wenn sie einen Verwaltungsakt erlassen kann.
2. Umlagebeiträge aus der Sprechstundenbedarfsvereinbarung für Berlin könne durch Verwaltungsakt festgesetzt werden.
3. Zum Gegenstandswert im einstweiligen Rechtsschutz.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Streit, ob die Antragsgegnerin verpflichtet ist, Umlagebeiträge für den Sprechstundenbedarf im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu zahlen.
Mit Schreiben vom 3. März, 3. April, 5. Mai und 3. Juni 2003 forderte der Antragsteller, ein Landesverband der Betriebskrankenkassen, ihr Mitglied, die Antragsgegnerin, unter Fristsetzung auf, Umlagebeiträge für den Sprechstundenbedarf, für Impfstoffe und für die Individualprophylaxe im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin für die Monate Januar bis April 2003 in Höhe von 973.513,00 Euro zu zahlen. Ein Mahnschreiben des Antragstellers vom 10. April 2003, die offene Forderung für die Monate Januar und Februar 2003 betreffend, blieb ohne Erfolg. Weiteren Zahlungsaufforderungen der Antragstellerin vom 30. Juni, 31. Juli und 1. Oktober 2003, die Monate Mai bis Juli 2003 betreffend, kam die Antragsgegnerin ebenfalls nicht nach.
Bereits am 13. Juni 2003 hatte der Antragsteller das Sozialgericht Berlin um einstweiligen Rechtsschutz ersucht, den das Gericht mit Beschluss vom 22. August 2003 gewährt hat, indem es die Antragsgegnerin verpflichtet hat, die ab dem 1. Januar 2003 geforderten Umlagen aus der Sprechstundenbedarfsvereinbarung für Berlin an den Antragsteller bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu zahlen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Antrag zulässig sei. Insbesondere sei auch ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Der Antragsteller könne seine Ansprüche zwar auch mittels eines Verwaltungsaktes durchsetzen, der auch vollstreckbar sei, gleichwohl könne er aber auch die "schwächere Position des Antragstellers nach § 86 b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) wählen, wenn damit zu rechnen sei, dass die Antragsgegnerin sich gegen einen solchen Verwaltungsakt wenden werde". Ein solcher Fall sei hier gegeben. Rechtsgrundlage für den Leistungsanspruch des Antragstellers sei die Sprechstundenbedarfsvereinbarung zwischen den Berliner Krankenkassenverbänden und der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin vom 2. Februar 1999. Hierbei handele es sich um einen Gesamtvertrag im Sinne von § 83 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin sei auch ein Anordnungsgrund gegeben. Der Antragsteller habe glaubhaft dargelegt, dass er nicht in der Lage sei, die entstandenen und die entstehenden Umlageschulden der Antragsgegnerin im laufenden Haushalt des Jahres 2003 in Höhe von ca. 3.000.000,00 Euro gegenzufinanzieren. Den Wert des Verfahrensgegenstandes bestimmte das Gericht auf 150.000,00 Euro, den Zinsverlust der Antragstellerin in Höhe von 5 v.H., berechnet auf der Grundlage der von der Antragsgegnerin geforderten Umlagebeiträge für das Jahr 2003.
Gegen diesen am 4. September 2003 zugestellten Beschluss richtet sich die am 17. September 2003 eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin, der das Sozialgericht mit Beschluss vom 19. September 2003 nicht abgeholfen hat. Zur Begründung trägt die Antragsgegnerin vor, dass sich eine Pflicht zur Zahlung der geforderten Umlagebeiträge weder aus der Sprechstundenbedarfsvereinbarung vom 2. Februar 1999 noch aus einer anderen Vereinbarung oder einem anderen Vertrag ergebe. Im Übrigen habe der Antragsteller nicht glaubhaft dargelegt, dass er nicht in der Lage sei, die bislang und künftig "entstehenden Umlageschulden im laufenden Haushalt aufzufangen".
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 22. August 2003 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Sozialgericht Berlin hat die Antragsgegnerin zu Unrecht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, die ab dem 1. Januar 2003 geforderten Umlagen aus der Sprechstundenbedarfsvereinbarung für Berlin an den Antragstell...