Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Beitragsnachforderung. abhängige Beschäftigung von Busfahrern im ÖPNV. Verjährungseinrede. Hemmung der Verjährung
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Dauer einer Betriebsprüfung nach § 28p Abs 1 SGB IV und bis zum Erlass eines Beitragsbescheides ist der Lauf der Verjährung von Ansprüchen auf Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 25 Abs 2 S 2 und 4 SGB IV gehemmt.
2. Die Ablaufhemmung fällt nach § 25 Abs 2 S 3 SGB IV nur weg, wenn die Betriebsprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. Wird die begonnene Prüfung später als "unmittelbar nach ihrem Beginn" unterbrochen, berührt das die eingetretene Ablaufhemmung nicht; auch längere Unterbrechungen der Prüfung berühren die Ablaufhemmung nicht und stellen keinen Verwirkungstatbestand dar (Anschluss an die Kommentierung zu § 171 Abs 4 S 2 AO - juris: AO 1977).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. April 2016 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen infolge einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV in Höhe von insgesamt 207.420,59 Euro einschließlich Säumniszuschlägen.
Die Klägerin betreibt ein Omnibusunternehmen und erbringt Fahrleistungen insbesondere auf dem Gebiet des öffentlichen Personennahverkehrs im Namen und im Auftrag der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). In den streitigen Jahren 2005 bis 2007 beschäftigte sie etwa 90 fest angestellte Busfahrer sowie mindestens zwölf weitere Busfahrer, darunter die Beigeladenen zu 1. bis 11., “auf Honorarbasis„.
Die Beigeladenen zu 1. bis 11. hatten sich in ihrer Tätigkeit für die Klägerin an vorgegebene Busrouten und Fahrpläne der BVG zu halten. Sie trugen vorgeschriebene Dienstkleidung, verfügten über einen Dienstausweis und nutzten ausnahmslos der Klägerin gehörende Fahrzeuge. Ihre Tätigkeit entfalteten sie an einzelnen, je gesondert vereinbarten Tagen bzw. in jeweils vorab festgelegten Zeiträumen bis hin zu mehreren Monaten am Stück. Ihre Tätigkeit stellten sie der Klägerin in Rechnung, sie erhielten eine stundenweise berechnete Vergütung. Nach außen hin, etwa für einen Fahrgast, war kein Unterschied zwischen den Beigeladenen zu 1. bis 11. und den fest angestellten Busfahrern zu erkennen, sei es denen der BVG, sei es denen der Klägerin. Teilweise verfügten die Beigeladenen zu 1. bis 11. über eine Gewerbeanmeldung. Der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. bis 11. lag eine “Rahmenvereinbarung für selbständige Subunternehmer„ zugrunde, wegen deren Inhalt auf Bl. 186 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen wird.
Für den Prüfzeitraum 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2007 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV durch. An den Tagen 24. November 2008 und 27. Januar 2009 erfolgte die Prüfung in den Räumen der Klägerin. Für den 25. November 2008, 16. Januar 2009, 22. Juni 2009, 6. Juli 2009, 25. August 2009, 9. Dezember 2009, 18. Februar 2010, 9. April 2010, 29. Juni 2010, 15. September 2010, 15. Dezember 2010 und 20. Dezember 2010 sind Prüftage dokumentiert, die in Form von Sachbearbeitung in den Räumlichkeiten der Beklagten stattfanden. Mit am 19. Mai 2011 abgesandtem Schreiben erfolgte eine Anhörung zur beabsichtigten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 207.586,85 Euro wegen einer abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. bis 11.
Mit Bescheid vom 24. Januar 2012 verpflichtete die Beklagte die Klägerin zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 207.420,59 Euro. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. bis 11. als Busfahrer sei als sozialversicherungspflichtige abhängige Beschäftigung zu werten. Wegen des Inhalts des Bescheides und der einzelnen Berechnungen der nachzuerhebenden Beiträge wird auf Bl. 219 bis 257 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
In ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch vertrat die Klägerin die Auffassung, die Beigeladenen zu 1. bis 11. hätten ihre Tätigkeit als Busfahrer als Selbständige ausgeübt.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2013 zurück. Zu Unrecht gehe die Klägerin von einer selbständigen Tätigkeit aus. In Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände hätten die konkret von den Beigeladenen zu 1. bis 11. auszuführenden Aufgaben ohne jedes unternehmerische Risiko dem öffentlichen Personennahverkehr gedient und stellten klassische abhängige Beschäftigung dar.
Die hiergegen erhobene Klage, mit der die Klägerin u.a. die Einrede der Verjährung erhoben hat, hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 26. April 2016 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Beitragsna...