Entscheidungsstichwort (Thema)
Grenzen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Orientierungssatz
Das Prozesskostenhilferecht gebietet es nicht, den Unbemittelten dem wirtschaftlich Leistungsfähigen vollständig gleichzustellen. Vielmehr ist es geboten, die Relation des Wertes der durchzusetzenden Rechtsposition zum Kostenrisiko zu berücksichtigen. Würde ein Bemittelter unter Berücksichtigung des Prozessrisikos und der damit verbundenen Kostenlast einen Anwalt mit der Führung eines Prozesses nicht beauftragen, so ist die Gewährung von PKH zu versagen.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die nach § 172 und § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. Oktober 2008 ist unbegründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts, der Klägerin für das erstinstanzliche Hauptsacheverfahren keine Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) zu gewähren, ist nicht zu beanstanden.
Zutreffend hat das Sozialgericht seine Entscheidung damit begründet, dass die begrenzte wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits - die Beteiligten streiten im vorliegenden Fall um den Betrag von 4,20 Euro - der Gewährung von Prozesskostenhilfe entgegensteht.
Denn das Prozesskostenhilferecht in seinem verfassungsrechtlichen Kontext gebietet es nicht, den Unbemittelten dem wirtschaftlich Leistungsfähigen vollständig und in jeder Hinsicht gleichzustellen. Das Gericht hat vielmehr zu prüfen, ob ein Unbemittelter in der Lage des Bemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen würde (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts [BVerfG] vom 20. Juni 2006 - 1 BvR 2673/05 - = info also 2006, 279 ff.). Damit ist es nicht erforderlich, den Unbemittelten in den (dem Bemittelten eröffneten) Stand zu versetzen, einen Anwalt ohne Beachtung der Relation des Wertes der durchzusetzenden Position zum Kostenrisiko zu beauftragen, der einem Bemittelten zwar “eröffnet„ wäre, von ihm aber “vernünftigerweise„ nicht genutzt würde (vgl. BVerfGE 81, 347). Dabei ist zu prüfen, ob die konkreten Kosten des Hauptsacheverfahrens, mit dem die Klägerin bei Erfolglosigkeit des Rechtsstreits als Gebührenschuld zu rechnen hätte, noch in einem angemessenen Verhältnis zum streitbefangenen Betrag in Höhe von 4,20 Euro stehen (Beschlüsse des Landessozialgerichts [LSG] Berlin-Brandenburg vom 14. Mai 2007 - L 10 B 217/07 AS PKH -, vom 11. Dezember 2007 - L 14 B 1009/06 AS PKH - und vom 19. Mai 2008 - L 10 B 184/08 AS PKH 2008 -, vgl. insoweit auch Beschlüsse des 28. Senats des LSG Berlin-Brandenburg vom 6. September 2007 - L 28 B 1319/07 AS PKH - und vom 23. Januar 2008 - L 28 B 2031/07 AS PKH -, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).
An diesen Grundsätzen gemessen hat das Sozialgericht zu Recht in seinem Beschluss ausgeführt, dass vor dem Hintergrund des sehr geringen streitbefangenen Betrages in Höhe von 4,20 Euro auch ein Bemittelter unter Berücksichtigung des Prozessrisikos und der damit für ihn möglicherweise verbundenen Kostenlast keinen Anwalt mit der Führung eines Prozesses beauftragt hätte, zumal eine Wiederholung der beanstandeten Verfahrensweise der Beklagten wegen der Besonderheit des konkreten Einzelfalles nicht zu erwarten ist und Folgerungen für weitere Leistungszeiträume auszuschließen sind.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§ 73a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Fundstellen