Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Prozesskostenhilfe in Bagatellstreitigkeiten. Prozesskostenhilfe. Unbemittelter. Bemittelter. Prozessaussichten. Kostenrisiko. Bagatellstreit
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Unbemittelter muss im Hinblick auf die Frage, ob Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, nur einem Bemittelten gleichgestellt werden, der seine Prozessaussichten abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt.
2. Für einen Bagatellstreit muss Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden.
Orientierungssatz
Für die Gewährung von PKH ist bei begrenzter wirtschaftlicher Bedeutung des Rechtsstreits entscheidend, ob ein Bemittelter bei Betrachtung der Relation des Wertes der durchzusetzenden Position (hier: 37,50 Euro) zum Kostenrisiko vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen würde.
Normenkette
SGG § 73a; ZPO § 114; GG Art. 3, 20 Abs. 3
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 14. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Kläger begehren Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines unter dem Az. S 21 AS 2819/07 bei dem Sozialgericht Potsdam registrierten Klageverfahrens, in dem sie für den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis zum 31. Oktober 2007 von dem Beklagten höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ohne Abzug einer so genannten Warmwasserpauschale bei den Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 7,50 € begehren.
Der Beklagte bewilligte den Klägern mit Änderungsbescheid vom 30. April 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis zum 31. Oktober 2007. Gegen diesen Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2007 erhoben die anwaltlich vertretenen Kläger unter Beantragung von Prozesskostenhilfe Klage vor dem Sozialgericht Potsdam wegen der Minderung der Heizkosten um 18%. Diese Minderung sei mangels Rechtsgrundlage unzulässig.
Das Sozialgericht Potsdam hat mit Beschluss vom 14. Februar 2008 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen des geringen Streitwertes (7,50 € monatlich x 5 Monate = 37,50 €) abgelehnt. Jemand, der aus eigenem Einkommen oder Vermögen die Kosten für einen Prozess tragen müsste, würde angesichts des geringen Wertes der durchzusetzenden Ansprüche bei offenem Ausgang dieses Verfahrens den (gerichtskostenfreien) Prozess vernünftigerweise nicht mit anwaltlicher Hilfe führen.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 29. April 2008 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 28. Mai 2005 mit der Begründung Beschwerde eingelegt, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei der Unbemittelte dem Bemittelten in jeder Hinsicht gleichzustellen; auf den Streitwert könne es nicht ankommen. Entscheidend sei vielmehr, dass die Rechtssache Aussicht auf Erfolg habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Leistungsakten des Beklagten (…) Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Das Sozialgericht Potsdam hat mit seinem Beschluss vom 14. Februar 2008 den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu Recht abgelehnt. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren.
Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) setzt ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe voraus, dass der Beteiligte nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Insbesondere zur Beurteilung der Erfolgsaussichten ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abzustellen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 73a, Rnr. 7d m.w.N.).
Nach diesen Regelungen hat das Sozialgericht Potsdam in seinem angefochtenen Beschluss einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren zu Recht verneint.
Zutreffend hat es im Rahmen seiner Entscheidung berücksichtigt, dass ein Kläger, der aus eigenen Einkommen oder Vermögen die Kosten für einen Prozess tragen müsste, angesichts des geringen Wertes der durchzusetzenden Ansprüche bei offenem Ausgang dieses Prozesses vernünftigerweise anwaltliche Hilfe nicht in Anspruch genommen hätte.
Entgegen der Ansicht der Kläger ist hierbei weder der Streitwert ohne Belang, noch ist es aufgrund der Verfassung (Art. 3 Abs. 1 und 20 Abs. 3 Grundgesetz -GG -) geboten, einen Unbemittelten einem Bemittelten in jeder Hinsicht gleichzustellen.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat vielmehr dem entgegengesetzt in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass sich aus verfassungsrechtlichen Gründe...