Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. nachträgliche Bewilligung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Erstattungsanspruch des Trägers der Grundsicherung. Erfüllungswirkung des § 107 SGB 10. Klageart
Leitsatz (amtlich)
1. Der Erstattungsanspruch des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegen den Träger der Rentenversicherung bei nachträglicher Bewilligung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 40a SGB II iVm § 104 SGB X) ist nach der bis 31.12.2016 geltenden Rechtslage nicht um einen pauschalierten Anteil der bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II bzw des Sozialgeldes berücksichtigten Bedarfe für Unterkunft gemindert. § 40 Abs 4 S 1 SGB II (in der bis 31.7.2016 geltenden Fassung) bzw § 40 Abs 9 S 1 SGB II (in der vom 1.8. bis 31.12.2016 geltenden Fassung) sind nicht entsprechend anwendbar (Abweichung von LSG Celle-Bremen vom 29.4.2015 - L 2 R 237/13 und LSG München vom 15.2.2017 - L 10 AL 163/16).
2. Zur Klageart bei der Geltendmachung von zuerkannten monatlichen Einzelansprüchen auf Rente, denen der Träger der Rentenversicherung die Erfüllungswirkung des § 107 SGB X entgegenhält.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Juli 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Streitig ist, ob der Kläger die Auszahlung bewilligter und fällig gewordener Rentenleistungen beanspruchen kann.
Der 1958 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten im Februar 2014 zunächst erfolglos Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Das anschließende Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin endete im November 2015 durch einen Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, dem Kläger für die Zeit vom 1. Februar 2014 bis zum 30. April 2016 Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund eines im Juni 2011 eingetretenen Leistungsfalls zu gewähren.
Den Vergleich setzte die Beklagte durch Bescheid vom 18. Dezember 2015 um. Die laufende Zahlung der Rente in Höhe von monatlich 1.104,72 € nahm sie danach zum 1. Februar 2016 auf. Für den Zeitraum 1. Februar 2014 bis 31. Januar 2016 errechnete sie eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 22.674,50 €, die sie zunächst nicht an den Kläger auszahlte. Bei der Berechnung der Nachzahlung berücksichtigte sie, dass auf den Einzelanspruch der Rente für den Monat Februar 2014 Übergangsgeld anzurechnen war, welches der Kläger während einer von ihm vom 8. Januar bis 19. Februar 2014 absolvierten Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation erhalten hatte.
Der Beigeladene hatte dem Kläger für den Zeitraum 1. Februar 2014 bis 31. Januar 2016 Arbeitslosengeld II nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) gewährt. Mit Schreiben vom 22. Juli 2015 hatte er der Beklagten angezeigt, dass er dem Kläger seit 1. Februar 2014 Leistungen nach dem SGB II zahle und für den Fall der Bewilligung der beantragten Rente einen Erstattungsanspruch geltend mache. Mit zwei Schreiben vom 28. Dezember 2015 bezifferte er dann die Höhe des Erstattungsbetrags für laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (einschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung [KdUH]) für den Zeitraum 1. Februar 2014 bis 31. Januar 2015 auf insgesamt 10.142,61 € und für den Zeitraum 1. Februar 2015 bis 31. Januar 2016 auf insgesamt 10.279,76 €. Die Erstattungsbeträge errechnete er, indem er den monatlichen Zahlbeträgen der von ihm bewilligten Leistungen den sich für den jeweiligen Monat ergebenden tatsächlichen Zahlbetrag der Rente (nach Abzug der Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung) abzüglich eines monatlichen „Absetzungsbetrags“ von 30,-- € (außer für die Monate Februar 2014, Februar und März 2015) gegenüberstellte und je Kalendermonat jeweils den geringeren Betrag ansetzte. Das Schreiben betreffend den früheren Zeitraum ordnete den gesamten Erstattungsbetrag den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu, das Schreiben betreffend den späteren Zeitraum wies einen Betrag von 4.670,84 € als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und einen von 5.608,92 € als Leistungen für KdUH aus. Dem Kläger übersandte der Beigeladene die Schreiben zur Kenntnis.
Mit seinem Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2015 wandte sich der Kläger unter anderem gegen die Höhe der mitgeteilten Erstattungsforderung. Er vertrat die Auffassung, dass gemäß § 40 Abs. 4 SGB II 56 % der bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II berücksichtigten Bedarfe für KdUH nicht erstattungsfähig, sondern an ihn auszuzahlen seien. Als KdUH seien tatsächlich gewährt worden
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-291,42 € für Februar 2014, |
-783,80 € für März 2014, |
-614,17 € für April bis September 2014, |
-379,85 € für Oktober bis Dezember 2014, |
-614,18 € für Januar bis Juli 2015 und |
-556,96 € für August 2015 bis Januar 2016. |
Von der sich ergebenden Summe von 13.160,96 € seien somit 7.370,14 € nic...