Entscheidungsstichwort (Thema)
Bekleidungsbeihilfe. Beihilfe zur Beschaffung eines Jugendbettes mit Zubehör. Verweis auf Kleiderkammern und Möbellager. Darlehen. von den Regelleistungen umfasster Bedarf
Orientierungssatz
Das Bejahen eines unabweisbaren Bedarfs i. S. von § 23 Abs. 1 SGB 2 setzt voraus, dass der Hilfebedürftige zunächst selbst alle Möglichkeiten zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit ausschöpft. Der Bedarf an Kleidung und Mobiliar ist vorrangig durch Selbsthilfemöglichkeiten in Form von Kleiderkammern und Möbellagern zu decken.
Tenor
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 10. August 2006 werden zurückgewiesen.
Die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die 1990, 1996 und 1999 geborenen Antragsteller, für die Regelleistungen nach dem SGB II gewährt werden, leben mit ihrer Mutter, die sie im Verfahren vertritt, und zwei weiteren Geschwistern zusammen. Sie begehren im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners, ihnen eine Bekleidungshilfe für den Sommer und Winter 2006 in Höhe von insgesamt 800,00 € (Antragsteller zu 1. und 2.) und eine Beihilfe zur Beschaffung eines Jugendbettes mit Bettzeug und Bettwäsche (Antragsteller zu 3.) als Zuschuss bzw. als Darlehen zu bewilligen.
Der Antragsgegner lehnte einen entsprechenden Antrag vom 17. April 2006 mit Bescheid vom 19. April 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2006 mit der Begründung ab, der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts werde in Form von Regelleistungen erbracht. Die Leistungsberechtigten könnten frei entscheiden, welche Prioritäten sie bei der Deckung ihres notwendigen Bedarfs setzten. Sie seien grundsätzlich gehalten, einen Teil ihrer monatlichen Leistungen anzusparen und bei entstehendem Bedarf Anschaffungen zu tätigen. Ein unabweisbarer Bedarf, bei dem ausnahmsweise ein entsprechendes Darlehen gewährt werden könnte, liege hier nicht vor.
Hiergegen haben die Antragsteller am 23. Juni 2006 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist (S 63 AS 5615/06).
Den am gleichen Tag gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Gewährung von Prozesskostenhilfe hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 10. August 2006 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es liege weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vor. Als Anspruchgrundlage komme nur § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Betracht. Der danach notwendige unabweisbare Bedarf zum Erbringen der entsprechenden Sach- oder Geldleistung als Darlehen sei nicht glaubhaft gemacht. Grundsätzlich sei der Hilfebedürftige gehalten, zunächst selbst alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen. Es bestehe auch grundsätzlich kein Anspruch auf fabrikneue Gegenstände; der Betroffene dürfe auf die Inanspruchnahme von Kleiderkammern und Gebrauchtwarenlagern verwiesen werden, ohne dass hierin ein Verstoß gegen den in Artikel 1 Grundgesetz verbürgten Schutz der Menschenwürde liege. Trotz umfassenden gerichtlichen Hinweises hätten die Antragsteller - ohne den Bekleidungsbedarf im Einzelnen glaubhaft zu machen - es grundsätzlich abgelehnt, ihren Bedarf vorrangig aus Kleiderkammern und Gebrauchtwarenlagern zu decken. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe sei wegen fehlender Erfolgsaussichten zurückzuweisen.
Gegen diesen am 11. August 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsteller vom 11. September 2006, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.
Die Antragsteller sind der Auffassung, dass ihre tatsächlichen notwendigen Bedarfe grundsätzlich durch den Regelsatz nicht abgedeckt seien, sodass schon deshalb ein Anspruch bestehe. Zwar sei der Regelsatz nach dem SGB II gegenüber der vorher gewährten Sozialhilfe erhöht worden, hiervon sollten jedoch alle möglichen zusätzlichen Bedarfe mitfinanziert werden, während vorher einmalige Beihilfen für besondere Bedarfe vorgesehen waren. Hierfür reiche die gewährte Regelleistung in keiner Weise aus. Der Verweis auf Kleiderkammern und Möbellager sei diskriminierend. Außer Acht gelassen werde auch, dass zumindest Matratze, Schuhe und Leibwäsche offenbar auch nach Auffassung des Sozialgerichts neu gekauft werden dürften, sodass die Beschwerde zumindest in diesem Umfang Erfolg haben müsste. Fraglich sei jedoch, ob hierfür ein Darlehen ausreichend sei, denn eine Rückzahlungsmöglichkeit sei angesichts der finanziellen Situation von vornherein nicht gegeben, zumal bei Kindern immer wieder neue Bedarfe entstünden.
II.
Die zulässigen Beschwerden sind nicht begründet.
1) Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes liegen nicht vor.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rec...