Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenhilfe. Erfolgsaussicht
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 27. Februar 2007 abgeändert. Der Antragstellerin wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe gewährt und Rechtsanwalt G K, F.str, N, beigeordnet.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 6. Februar 2007, mit der sie sich ausdrücklich nur gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren wendet, ist gemäß § 172 Abs. 1 und § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und begründet. Der Antragsteller ist für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) zu gewähren.
Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt nach den genannten Vorschriften voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Diese Erfolgsaussicht war im maßgeblichen Zeitpunkt, der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrages in der ersten Instanz, am 24. Januar 2007, gegeben.
Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (vgl. BVerfGE 81, 347, 357). Die Fachgerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichenden Erfolgsaussicht verfassungsrechtlich zukommt, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einer unbemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird. Das ist namentlich der Fall, wenn das Fachgericht die Anforderungen an die Erfolgsaussicht überspannt und dadurch den Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, deutlich verfehlt (vgl. BVerfGE 81, 347, 358).
Kommt insbesondere eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht und liegen keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden ausgehen würde, so läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussichten seines Rechtsschutzbegehrens Prozesskostenhilfe zu verweigern (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. zuletzt Beschluss vom 3. Juni 2003, 1 BvR 1355/02, NJW-RR 2003, 1216). Dies muss dazu führen, dass die Erfolgsaussicht eines Rechtsschutzbegehrens dann nicht verneint werden darf, wenn entweder Aufklärungsbedarf in tatsächlicher Hinsicht besteht oder aber schwierige rechtliche Fragen zu klären sind, deren Klärung der Durchführung eines Verfahrens der Hauptsache vorbehalten sein muss.
Diese Voraussetzungen erfüllte das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin. Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner der Antragstellerin mit einem so genannten Änderungsbescheid vom 25. Oktober 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Bewilligungszeitraum vom 1. Dezember 2006 bis zum 30 April 2007 in Höhe von 131,20 € bewilligt und zugleich den “zur Zeit gültigen Bescheid aufgehoben„. Mit weiterem Bescheid vom 26. Oktober 2006 hat er dann diese Zahlungen ab dem 1. Dezember 2006 “vorläufig eingestellt„, weil er davon ausgehe, dass die Antragstellerin in einer “eheähnlichen Gemeinschaft„ lebe. Die Antragstellerin forderte er unter Hinweis auf § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) auf, eine Einkommenserklärung/Verdienstbescheinigung des Partners (V) beizubringen. Nachdem die Antragstellerin dieser Aufforderung nicht nachkam, “stellte„ er die Leistungen mit Bescheid vom 17. Januar 2007 mit Wirkung vom 1. Dezember 2006 ein, weil die “Grundlagen für eine Leistungsgewährung nicht mehr gegeben seien.„ Die Antragstellerin habe die von ihr angeforderten Unterlagen über den V nicht beigebracht.
Dieser Sachverhalt wirft eine Vielzahl von offenen Fragen auf, die die beabsichtigte Rechtsverfolgung jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrages als nicht aussichtslos erscheinen ließ. Abgesehen davon dass das Rechtsschutzgesuch entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht nach § 86 Abs. 2 SGG, sondern nach § 86 Abs. 1 SGG zu beurteilen gewesen sein dürfte, weil sich die Antragstellerin nach dem aufgezeigten Sachverhalt in der Hauptsache gegen einen Eingriff in eine ihr bescheidmäßig eingeräumte Rechtsposition gewendet hat, gehört die Klärung des Tatbestandsmerkmals “Bedarfgemeinschaft„ im Sinne von §§ 9 Abs. 1, 7 Abs. 3 Zweites Buch Sozi...