Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilferecht: Übernahme von Unterkunftskosten bei Inhaftierung. Voraussetzung der Übernahme von Unterkunftskosten für vergangene Zeiträume

 

Orientierungssatz

1. Während der Inhaftierung in einer Justizvollzugsanstalt gibt es jedenfalls dann keinen sozialhilferechtlichen Bedarf bezüglich der Übernahme von Kosten für eine Unterkunft, wenn nach einer Entlassung keine besonderen sozialen Schwierigkeiten anzunehmen sind, die der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft entgegenstehen (hier: verneint aufgrund intakter Ehe und Rückkehrmöglichkeit in die gemeinsame Wohnung).

2. Ein aktueller Bedarf für Sozialleistungen zur Deckung der Unterkunftskosten liegt für vergangene Zeiträume jedenfalls dann noch vor, wenn Mietschulden bestehen, die vom Vermieter weiter geltend gemacht werden.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt im Beschwerdeverfahren die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das von ihm vor dem Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 90 SO 2837/10 geführte Klageverfahren. In diesem begehrt der Kläger die Verpflichtung des Beklagten, unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 16. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2010 die Mietkosten für eine Wohnung in Höhe von monatlich 580,00 € in der Zeit vom 01.02.2010 bis einschließlich April 2011 zu übernehmen.

Der Kläger bewohnt zusammen mit seiner Ehefrau eine Wohnung in B, K, für die bis zum 31. Januar 2011 ein Mietzins in Höhe von insgesamt 580,00 Euro zu entrichten war. Seit dem 01. Februar 2011 beträgt die Miete monatlich 596,00 Euro.

Der Kläger befand sich vom 17. November 2008 bis 20. April 2011 in Strafhaft. Bis zum 31. Januar 2010 wurden die Kosten für die Wohnung vom Träger der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - über den Leistungsanspruch der Ehefrau auch während der Inhaftierung des Klägers übernommen. Ab dem 01. Februar 2010 befand sich die Ehefrau in einer Ausbildung und erhielt vom Träger nach dem SGB II noch einen Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II a.F. in Höhe von monatlich 82,00 Euro. Seit seiner Haftentlassung bewohnt der Kläger wieder zusammen mit der Ehefrau die Wohnung.

Den Antrag des Klägers auf Übernahme der Mietkosten während seiner Haftzeit lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16. Februar 2010 ab. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Bescheid vom 22. November 2010 zurückgewiesen.

Mit der daraufhin am 27. Dezember 2010 vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage begehrt der Kläger sinngemäß, ihm noch für die Zeit seiner Inhaftierung Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII - zum Unterhalt der Wohnung zu gewähren.

Den Antrag, Prozesskostenhilfe für das sozialgerichtliche Verfahren zu gewähren, hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 23. November 2011 abgelehnt.

Gegen den am 01. Januar 2012 zugestellten Beschluss richtet sich die am 02. Januar 2012 beim Sozialgericht Berlin eingegangene Beschwerde, mit der weiterhin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt wird.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2011 aufzuheben und ihm für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin zum Aktenzeichen S 90 SO 2837/10 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt H G beizuordnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 114 Zivilprozessordnung ZPO i. V. m. § 73 a Abs. 1 Satz Sozialgerichtsgesetz - SGG - steht, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, entgegen, dass sich die erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg für die Rechtsverfolgung der Klägerin in erster Instanz nicht bejahen lässt.

Bei der Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erfolg im Rahmen der Prozesskostenhilfe erfolgt nur eine vorläufige Prüfung (Baumbach, ZPO, Kommentar, § 114 Rn. 80). Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist dann zu bejahen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Meyer-Ladewig/Leitherer, SGG, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 73a Rdnr. 7a m.w.N.). Überspannte Anforderungen sind hierbei nicht zu stellen (BVerfG, Beschluss vom 07. April 2000, 1 BvR 81/00, NJW 2000, 1936).

In Anwendung dieser Maßstäbe kann vorliegend eine hinreichende Erfolgswahrscheinlichkeit der Klage nicht angenommen werden.

Ein Anspruch auf Übernahme von Kosten der Unterkunft gegen den Beklagten als Träger der Sozialhilfe ist hier nicht erkennbar.

Soweit der Kläger die Übernahme von...

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