Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. Grundleistung. Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG. unabweisbar gebotene Leistung. verfassungskonforme Auslegung. keine Absenkung unter die vom BVerfG bis zu einer gesetzlichen Neuregelung angeordnete Übergangsregelung

 

Leitsatz (amtlich)

Keine Absenkung von Leistungen unter die vom BVerfG bis zu einer gesetzlichen Neuregelung angeordnete Übergangsregelung.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. Oktober 2013 geändert.

Der Antragsgegner wird - unter Anrechnung bereits ausgezahlter Beträge - verpflichtet, den Antragstellern Grundleistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis zum 31. März 2014, längstens bis zur bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache und/oder der Ausreise der Antragsteller aus Deutschland zu gewähren, und zwar:

Für den Antragsteller zu 1) und die Antragstellerin zu 2) in Höhe von monatlich je 290,02 Euro für die Zeit vom 01. Oktober 2013 bis zum 31. Dezember 2013 und in Höhe von monatlich je 296,60 Euro für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis 31. März 2014.

Für die Antragstellerin zu 3) in Höhe von monatlich 257,25 Euro für die Zeit vom 01. Oktober 2013 bis zum 31. Dezember 2013 und in Höhe von monatlich 263,08 Euro für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis 31. März 2014.

Für den Antragsteller zu 4) in Höhe von monatlich 230,76 Euro für die Zeit vom 01. Oktober 2013 bis zum 31. Dezember 2013 und in Höhe von monatlich 236,00 Euro für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis 31. März 2014.

Der Antragsgegner ist berechtigt, ab Januar 2014 bis zum Ende des Verpflichtungszeitraums die Grundleistungen für regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben der Abteilungen 1 (Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke), 3 (Bekleidung und Schuhe) und 6 (Gesundheitspflege) im Sinne des § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch als Sachleistungen (einschließlich Wertgutschein) zu erbringen und die Auszahlung eines Geldbetrages

für den Antragsteller zu 1) und die Antragstellerin zu 2) für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. März 2014 auf je 126,52 Euro,

für die Antragstellerin zu 3) für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. März 2014 auf 81,85 Euro,

für den Antragsteller zu 4) für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. März 2014 auf 89,69 Euro

zu beschränken.

Den Antragstellern wird für das Verfahren S 95 AY 330/13 ER des Sozialgerichts Berlin Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung ab dem 17. September 2013 bewilligt und Rechtsanwalt G Berlin, beigeordnet.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat den Antragstellern die außergerichtlichen Kosten des einstweiligen Anordnungsverfahrens für beide Rechtszüge zu erstatten. Bzgl. der Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind Kosten nicht zu erstatten.

Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung ab dem 8. November 2013 bewilligt und Rechtsanwalt G, B, beigeordnet.

 

Gründe

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. Oktober 2013, mit dem dieses es abgelehnt hat, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern Leistungen gemäß § 3 AsylbLG statt, wie bisher bewilligt, gemäß § 1 a AsylbLG sowie Prozesskostenhilfe für das Verfahren erster Instanz zu gewähren, ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beschwerde ist auch teilweise begründet.

Nach § 86 Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Ein Anordnungsanspruch besteht in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang. Die Auffassung des Sozialgerichts entspricht nach Meinung des Senats nicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in dem grundlegenden Urteil vom 18. Juli 2012, Az. 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11, dokumentiert in juris und in NVwZ 2012, 1024. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 06. Februar 2013, Az. L 15 AY 2/13 B ER (zu finden unterwww.sozialgerichtsbarkeit.de und dokumentiert in juris) bereits entschieden hat, kommen, zumindest bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, abgesenkte Leistungen gemäß § 1 a AsylbLG nicht in Betracht. Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Urteil vom 18. Juli 2012 entschieden, dass die Höhe der Geldleistungen nach § 3 AsylbLG evident unzureichend ist und für die Zeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung eine Übergangsregelung angeordnet (vgl. Urteil vom 18. Juli 2012, aaO., Rdnr. 26 ff). Auch wenn § 1 a AsylbLG in dem Urteil des Bun...

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